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CSU rüttelt an der Koalition

■ Scharfe Angriffe gegen Genscher und Kohl / Streitfrage sind die 72 Pershing–1a–Raketen

München/Venedig (dpa/taz) - Die CSU droht offen mit einer Aufkündigung der Koalition, falls Außenminister Genscher (FDP) nicht dafür sorgt, daß die umstrittenen Pershing–1a–Raketen in der BRD verbleiben und an ihrer zur Beginn der 90er Jahre „notwendigen Modernisierung“ nicht gerüttelt wird. Der Chefredakteur des CSU–Parteiorgans Bayernkurier, Winfried Scharnagl, machte dies in einem Leitartikel der gestrigen Ausgabe des Blattes mit aller Deutlichkeit klar. Mit der Zustimmung zur Regierungserklärung zur sogenannten „erweiterten Null–Lösung“ sei die CSU bis an die Grenze des ihr Zumutbaren gegangen: „Ein Abweichen von dieser Linie ist mit der CSU nicht machbar.“ Der Außenminister und der Bundeskanzler seien rechtzeitig darauf hingewiesen worden, heißt es in dem Artikel. Der Bayernkurier greift Außenminister Genscher, aber auch Kanzler Kohl scharf an. Genscher habe „gegen die Einstellung des Bundeskanzlers und der Unionsparteien die doppelte Null– Lösung befördert und betrieben“. Wenn er nun zum Thema Pershing 1a den Eindruck erwecke, als ob es sich um eine rein amerikanische Angelegenheit, „nicht aber um deutsche Bedingungen handelt“, werde die CSU dieses Spiel nicht zulassen. In der Regierungserklärung der letzten Woche hatte die Bundesregierung zwar auf der weiteren Stationierung der 72 Pershing–1a– Raketen - eines bundesdeutschen Raketensystems mit amerikanischen Atomsprengköpfen - in der BRD beharrt, das Wort „Bedingung“ war in der Erklärung jedoch nicht enthalten. Kanzler Kohl wirft die CSU vor, es sei offensichtlich ein Fehler gewesen, Genscher in Washington „ungestört seine Kreise ziehen“ zu lassen. Fortsetzung auf Seite 2 So habe es an Nachdruck gefehlt, deutsche Interessen zu vertreten, als in den USA die Entscheidungsprozesse für die Abrüstungsverhandlungen mit der Sowjetunion liefen. Kohl habe zwar dann in seiner Regierungserklärung den Begriff „doppelte Null–Lösung“ vermieden, aber es bleibe „mehr als nur ein Unbehagen“ über den Inhalt zurück. Wenn Genscher jetzt „am Kanzler und den Koalitionspartnern CDU und CSU vorbei die doppelte Null–Lösung durch die Hintertür“ wolle, „machen wir das auf keinen Fall mit“, zitiert der Bayernkurier schließlich den Chef von Strauß bayerischer Staatskanzlei, Edmund Stoiber. Dieser Warnschuß der CSU auf die Koalitionspartner ist vor dem Hintergrund des heute in Reykjavik beginnenden Treffens der NATO–Außenminister zu sehen, an dem Genscher teilnimmt. Nachdem auf dem Gipfel in Venedig nur vage Aussagen zu Abrüstungsverhandlungen mit der UdSSR gemacht wurden, sollten die Außenminister die Einzelheiten der westlichen Position zur grundsätzlich bejahten doppelten Null– Lösung festklopfen. Der Sicherheitsberater von Reagan, Carlucci, bestätigte noch einmal, daß die Pershing 1a–Raketen nicht Gegenstand der Abrüstungsverhandlungen sein werden. Die UdSSR dagegen möchte die Pershing in die Verhandlung einführen, will eine mögliche Einigung jedoch nicht an dieser Frage scheitern lassen. Carlucci rechnet dennoch, daß die Minister die doppelte Null– Lösung billigen und zu einer Einigung in den Verfahrensfragen gelangen. ci

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