: Justiz untätig: Walter Stürm hungert weiter
■ Verlegung in Normalvollzug gefordert / Trotz Protesten keine Lösung in Sicht / Schweizer Sozialdemokraten schweigen
Von Thomas Scheuer
Zürich/Bern (taz) - Im Fall des für die generelle Abschaffung der Isolationshaft und für seine eigene Verlegung in den Normalvollzug protestierenden Schweizer „Ausbrecherkönigs“ Walter Stürm zeichnet sich auch nach über 13wöchigem Hungerstreik bisher keine Lösung ab. Am Pfingstwochenende war Stürm aus dem Sicherheitstrakt der kantonalen Strafanstalt Regensdorf (Kanton Zürich), für dessen Abschaffung er kämpft, zunächst in die Zürcher Universitätsklinik und später per Hubschrauber in die medizinische „Bewachungsstation“ des Inselspitals in Bern verlegt worden. Nach Angaben seiner Rechtsanwältin Barbara Hug hat der 45jährige Stürm seit Beginn seines Hungerstreikes am 11. März ein Drittel seines Gewichts verloren und wiegt nur noch 53 Kilogramm. Sein Gesundheitszustand werde noch nicht als „alarmierend“ eingestuft; er müsse jedoch ärztlich überwacht werden. Die politisch verantwortliche Zürcher Justizvorsteherin, die Sozialdemokratin Hedi Lang, scheint im Fall Stürm weiterhin auf untätiges Warten zu setzen. Der von Stürms Freunden erhoffte Druck innerhalb der Sozialdemokratischen Partei auf die Ministerin läßt auf sich warten. Als vor drei Wochen Knastaktivisten das Sekretariat der Zürcher Sozialdemokraten vorübergehend besetzt hatten, konnte der linke SP–Flügel parteiintern gerade noch den Verzicht auf eine polizeiliche Räumung der Büros durchboxen. In einem Inserat im Zürcher Tagesanzeiger klagten rund 90 dem linken Flügel zugerechnete Sozis letzte Woche nicht etwa die überfällige Verlegung Stürms in den Normalvollzug ein, sondern forderten ihn zum Abbruch seines Hungerstreiks auf. Ihre schulmeisterliche Begründung: „Unter den herrschenden Umständen, so lehrt die Erfahrung, ist die Justiz menschlichen Erwägungen wenig zugänglich.“ Ansonsten herrscht auch in der SP Schweigen und Abwarten. Proteste gegen Stürms Haftbedingungen wurden dagegen auf den Solothurner Literaturtagen laut; ein Schriftsteller brach kurzerhand seine Lesung ab. In verschiedenen Städten, so in Bern und St. Galen, kam es zu kleineren Demos. Die „Vereinigung unabhängiger Ärzte“ äußerte scharfe Kritik an Stürms Haftbedingungen, insbesondere seiner medizinischen Versorgung.
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