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Ein Begräbnis erster Klasse für die „Maxhütte“

„Ein schwarzer Tag für die Oberpfalz“ titelten die örtlichen Zeitungen, nachdem am 7. Juli Bayerns Wirtschaftsminister Jaumann den Beschluß des Ministerrates zur Maxhütte verkündet hatte. In seiner die Endsilben verschluckenden Art begann er seine Ausführungen mit der Feststellung, der „Stahlstandort Oberpfalz soll auf jeden Fall erhalten bleiben“. Um dieses oberste Ziel bayerischer Wirtschaftspolitik zu erreichen, müßten von den 4.600 bei der Maxhütte noch Beschäftigten jedoch 3.600 entlassen werden. Anschließend beruhigte er die Gemüter: „In der Oberpfalz werden die Lichter nicht ausgehen.“ Ein schwacher Trost für die Betroffenen: In dieser Region wird die Arbeitslosenquote auf 30 Als am Gründonnerstag vor Ostern Dieses „vor Ostern“ illustriert das resignierte Bemühen unseres Nachrichtenredakteurs, die weitgehend säkularisierte taz–Leserschaft sowie den Autor vor dem drohenden Armagheddon zu bewahren, d.Korr. das Amtsgericht Amberg den Konkursantrag der Eisenwerkgesellschaft Maximilianshütte akzeptiert hatte, sah alles noch ganz anders aus. Arbeiter, Gewerkschaft, Maxhütte– Vorstand und Staatsregierung waren sich in ihrer Erleichterung einig, daß mit diesem Schritt der bisherige Hauptanteilseigner, der Duisburger Klöckner–Konzern, ausmanövriert worden sei. „Klöckner kann nun die Maxhütte nicht mehr länger ausbluten lassen“, hatte Innenminister Lang, selbst Oberpfälzer, ungewohnt harte Worte gewählt. Die Duisburger Konzernmanager hatten kurz vorher die Schließung der zur Maxhütte gehörenden Erzgrube „Leonie“ im oberpfälzischen Auerbach und die Reduktion der Maxhütte–Belegschaft auf 3.200 Mitarbeiter angekündigt. Konkursverwalter von der Beek verbreitete Optimismus. „Ende April rechne ich mit der Gründung einer Auffanggesellschaft“ hatte er am Karfreitag verkündet; zwei Monate später wurde er von der Gläubigerversammlung wegen mangelnder Konkurserfahrung entlassen. Seit dem Konkurs ist in der Oberpfalz einiges passiert. Die „Leonie“ wurde am 8. Mai geschlossen und über 1.300 Maxhütte–Arbeiter stehen ohne Sozialplan auf der Straße. Franz Josef Strauß rühmte sich seiner „intensiven Gespräche“ in Bonn, Jaumann sprach „intensiv“ in Brüssel und Bundeswirtschaftsminister Bangemann nicht weniger „intensiv“ in Amberg. Die Mitglieder der bayerischen Staatsregierung beteuerten den unersetzlichen Wert des Stahlwerks für die bayerische Wirtschaft, um gleichzeitig eine langfristige staatliche Beteiligung an der Auffanggesellschaft aus „ordnungspolitischen Gründen“ abzulehnen. Auch die Gründung einer Auffanggesellschaft ist nach dem Kabinettsbeschluß nicht in Sicht. In anderen Bereichen bayerischer Politik wird das Stichwort „Ordnungspolitik“ dagegen tunlichst vermieden. Im Mittelpunkt dabei stehen die Bayerische Landesbank mit dem ehemaligen Kul tus– und Finanzminister Ludwig Huber an der Spitze und die Landesanstalt für Aufbaufinanzierung (LfA). Die LfA hatte jahrelang ihre Kredite für die Maxhütte mit horrenden 10,25 belastet und damit an den roten Zahlen des Stahlwerks kräftig mitverdient. Im Januar 1985 pumpte die LfA Millionen in die Fusion der Panzerschmiede Krauss–Maffei mit Messerschmidt–Bölkow– Blohm (Aufsichtsratsvorsitzender ist Bayerns Finanzminister Max Streibl). Um das Image– und Verlustprojekt der europäischen Luftfahrtindustrie, den Airbus, über die Runden zu retten, erreichte Strauß (Aufsichtsratsvorsitzender der Deutschen Airbus, einer 100 MBB) Anfang Juni in Bonn die Gewährung von weiteren fünf Milliarden Subventionen. Zwei Tage vor der Kabinettsentscheidung in Sachen Maxhütte beteiligte sich Bayern mit der LfA und der Landesbank ganz im Sinne des Freizeitpiloten Strauß für 180 Millio nen an der Lufthansa. Die Schaffung von Ersatzarbeitsplätzen in der Oberpfalz, die Mitfinanzierung von Sozialplänen und eine eventuelle kurzfristige Staatsbeteiligung an der Maxhütte–Auffanggesellschaft sind der bayerischen Staatsregierung im Doppelhaushalt 1987/88 dagegen nur 100 Mio. wert. Zum Vergleich: die Ausgaben für Polizei und Verfassungsschutz belaufen sich im gleichen Zeitraum auf vier Mrd. DM. Allein für 100 Mio. DM läßt der Freistaat im Maxhütte–Standort Sulzbach–Rosenberg eine Bereitschaftspolizei–Abteilung mit vier Hundertschaften neu aufbauen - eine Grenzlandförderung besonderer Art, denn 40 km weiter wird die WAA gebaut. Während der Maxhütte jahrelang eine Bürgschaft verweigert worden war, bot Strauß der WAA– Betreiberfirma DWK von sich aus eine Landesbürgschaft in Höhe von zwei Mrd. an. Infrastrukturzuschüsse in Millionenhöhe verstanden sich von selbst. Als die Klöckner–Werke AG Ende 1985 das Kaltwalzwerk (KWW) in Maxhütte–Haidhof aufgekauft hatte, um es stillzulegen und die Stahlquoten in das unausgelastete Klöckner–Zweigwerk Bremen zu verschachern, rührte der Freistaat keinen Finger. Für nur 40 Mio. DM wäre das gewinnabwerfende KWW mit seinen 800 Arbeitsplätzen zu retten gewesen. Daß sich der Bau der WAA inzwischen wieder einmal um 300 Mio. DM verteuert hat und ein Arbeitsplatz dort ca 1,8 Mio. DM kostet, ist dem Wirtschaftsministerium nicht einmal ein Kommentar wert. Die Erfahrungen mit der WAA lassen die Oberpfälzer denn auch dem Versprechen mit der Ansiedlung von Ersatzarbeitsplätzen keinen Glauben schenken. Seit die mittlere Oberpfalz als WAA– Standort im Gespräch war, ging die Neuansiedlung von Betrieben auf Null zurück. Im WAA–Untersuchungsausschuß des bayerischen Landtags gab die Staatsregierung zu, „keine Untersuchungen über Alternativen zur Ansiedlung anderer Industriebetriebe als der WAA“ angestellt zu haben. Maxhütte–Betriebsräte sprachen damals schon von politisch gewollter Arbeitslosigkeit, um die Region für die WAA reifzuschießen. Heute, nach dem „Beerdigungskonzept erster Klasse“ (Gesamtbetriebsratsvorsitzender Franz Kick), wird von einer „Strafaktion für den Anti–WAA– Kurs“ gesprochen. Kaum jemand in der Oberpfalz rechnet damit, daß die Maxhütte mit den anvisierten Personalstand von 1.000 eine Zukunft hat. Die Zahl 1.000 kommt aus dem Gutachten des Züricher Ingenierbüros Hajek, das sieben Varianten für eine neue Maxhütte untersucht hatte. Für das bayerische Kabinett sind nurmehr zwei Möglichkeiten diskutabel: ein reiner Stahlwalzbetrieb ohne eigene Stahlerzeugung (Variante III, Investitionssumme 130 Mio.) oder ein Mini– Stahlwerk mit Elektro–Hochofen (Variante V, Investitionssumme 160 Mio. DM). Während Jaumann betont, er würde letztere Variante in Kooperation mit dem österreichischen Voest–Konzern bevorzugen, weiß er bei Variante III die deutsche Stahlindustrie auf seiner Seite. Deren Strategie ist es, so die IG Metall, auf jeden Fall eine vernünftige, ausgewogene regionale Sanierung der Maxhütte zu verhindern. Eine Maxhütte ohne eigene Stahlerzeugung hieße einen Konkurrenten weniger und das Freiwerden von heißbegehrten Stahlquoten. Schon einen Tag nach dem Kabinettsbeschluß konferierte Jaumann im Bergischen Land mit den wichtigsten Mitgliedern der Wirtschaftsvereinigung Eisen– und Stahlindustrie, darunter den Konzernspitzen von Thyssen und Krupp. Betriebsratsvorsitzender Schäffer ahnt bei beiden Varianten Schlimmes voraus. Die Maxhütte würde für einige Jahre eine Zweigstelle eines Stahlgiganten sein. „Nach einer bestimmten Zeit wird über Verrechnungspreise das Vormaterial so teuer gemacht, daß man dann das Endprodukt nicht mehr verkaufen kann. Die Maxhütte wird auf diese Art von hinten erschossen.“ Bernd Siegler

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