: Bonn: „Sicher Folter in Chile“
■ Protest gegen andauernde Inhaftierung von Beatriz Brinkmann / Zu den 14 Todeskandidaten: Nicht einmal die unter Folter gemachten Aussagen reichten für Verurteilung aus / Chile–Botschafter ins Auswärtige Amt zitiert
Bonn (dpa) - Die Bundesregierung hat gestern Protest gegen Menschenrechtsverletzungen in Chile eingelegt. Dazu wurde der chilenische Botschafter in Bonn, Ricardo Riesco, ins Auswärtige Amt bestellt. Staatssekretär Jürgen Sudhoff äußerte dabei schwere Besorgnis über die Fälle der seit dem letzten Jahr inhaftierten deutsch–chilenischen Lehrerin Beatriz Brinkmann und der 14 Oppositionellen, denen die Hinrichtung droht. Nach Angaben des Auswärtigen Amtes erklärte Sudhoff, Bonn fühle sich von der chilenischen Regierung getäuscht durch die Nichteinhaltung wiederholt gegebener Zusagen, daß Beatriz Brinkmann freigelassen werde. Die Bundesregierung erwarte, daß die chilenische Regierung ihre auf Ministerebene gegebene Zusage jetzt unverzüglich einlöse. Der Fall Brinkmann, in dem - wie in zahlreichen anderen Fällen - gefoltert worden sei, stelle eine schwere Menschenrechtsverletzung dar. Auch hinsichtlich der 14 Chilenen, für die die Bundesländer Hessen, Hamburg, Bremen, Nordrhein–Westfalen und das Saarland ihre Aufnahmebereitschaft erklärt haben, lägen Bonn sichere Hinweise auf Folterung vor. Dies stelle schon von sich aus eine schwere Menschenrechtsverletzung dar. Sudhoff wies auch auf die langen Untersuchungshaftzeiten bis zu fast sieben Jahren hin. Offensichtlich reichten in den Fällen, in denen noch kein Urteil ergangen sei, nicht einmal die unter Folter gemachten Aussagen für eine Verurteilung aus. Die Grünen im Bundestag äußerten sich am Freitag befriedigt darüber, daß Bundesarbeitsminister Norbert Blüm (CDU), der in Kürze Chile besuchen wird, auch über den Fall der 14 Todeskandidaten reden will. Die Grünen erwarteten, daß Blüm ohne Vorbehalte und jenseits der „menschenverachtenden selektiven Politik der Sicherheitsüberprüfungen“, auf der Bundesinnenminister Friedrich Zimmermann bestehen wolle, alles tun werde, um diese Menschen vor der Hinrichtung zu bewahren. In einer Erklärung zum 20.Juli verlangte das Grünen–Bundesvorstandsmitglied Eva Quistorp am Freitag, die Erinnerung an die Widerstandskämpfer gegen die Hitler–Diktatur sollte zugleich Erinnerung an gegenwärtig notwendiges demokratisches Handeln gegenüber Militärdiktaturen sein.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen