piwik no script img

Neutronenbombe „stört“ Abrüstung

■ Das französische KP–Organ Humanite erhebt schwere Vorwürfe gegen den Vorstoß Hernus / Wörner: Stationierung der französischen Neutronenbombe „nicht aktuell“ / Hernu leugnet Interview ab

Von Georg Blume

Berlin (taz) - Mit Empörung reagierte am Mittwoch das Zentralorgan der Kommunistischen Partei Frankreichs Humanite auf die französischen Vorschläge zur Stationierung der Neutronenbombe in der Bundesrepublik. „Die Sache ist von schwerwiegender Bedeutung. Eine solche Perspektive erscheint als Versuch, die Abrüstungsverhandlungen in Genf zu sabotieren“, schrieb das Parteiblatt. Die ehemaligen Verteidigungsminister Hernu und Messmer hatten sich in der taz für eine Stationierung der Neutronenbombe in der BRD ausgesprochen. „Auf das Wort Frieden antwortet Hernu mit Bombe. Wurden Mitglieder der zweiten Riege des Präsidenten und ebenso solche des Premierministers beauftragt, die neue Perspektive vorzubereiten?“, fragt Humanite. Der bundesdeutsche Verteidigungsminister Wörner äußerte sich am Dienstagabend in einem Radiointerview. „Es ist völlig klar“, so Wörner, „daß das persönliche Überlegungen von zwei französischen Politikern sind und nicht die Überlegungen der französischen Regierung, wie Premierminister Chirac ausdrücklich klargestellt hat.“ Wörner, der ein guter Freund Hernus ist, zeigte sich jedoch von dessen Vorschlägen wenig überrascht. Auch verzichtete er auf eine Kritik an den Aussagen Hernus und seines zweiten ehemaligen Amtskollegen Messmer. „Diese Frage ist für uns nicht aktuell, und ich habe deswegen nicht die Absicht, genau die Diskussion zu provozieren, für die es keinen aktuellen Anlaß gibt.“ Hernu hatte im Interview mit der taz Wörner zu den Personen gezählt, die seine Vorschläge voranbringen. Währenddessen bereut Mitterrand–Berater Hernu offenbar seine Aussagen gegenüber der taz. Am Dienstag abend ging er in einer Stellungnahme gegenüber dpa sogar soweit, daß er bestritt der Zeitung je ein Interview gegeben zu haben. Allerdings läßt sich diese Behauptung leicht widerlegen. Die taz erklärte sich gestern bereit, gegebenenfalls die Tonbandaufzeichnungen des Gesprächs mit Hernu, das am 15. Juni in Villeurbanne bei Lyon stattfand, zur Verfügung zu stellen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen