: SPD/SED–Grundsatzpapier: Gemeinsam gegeneinander
■ Gemeinsames Grundsatzpapier vorgelegt / Beitrag zu neuer „Kultur des politischen Streits“ und neuer Außenpolitik / Keine neue Rolle für DKP in Sicht
Aus Bonn Ursel Sieber
Deutsche Kommunisten und Sozialdemokraten haben zum ersten Mal seit der Gründung der KPD im Jahre 1919 ein gemeinsames offizielles „Grundsatzpapier“ vorgelegt: Das 17seitige Dokument von SPD und SED wurde am Donnerstag gleichzeitig in Bonn und Ost–Berlin vorgestellt. Es enthält eine Bestandsaufnahme der ideologischen Gegensätze, ist jedoch vor allem darum bemüht, neue Wege in der Internationalen Politik und insbesondere in der deutsch–deutschen Zusammenarbeit aufzuzeigen. Zu den Autoren zählen auf SPD–Seite der Vorsitzende der Grundwerte–Kommission, Erhard Eppler, und auf SED–Seite der Leiter des Instituts für wissenschaftlichen Kommunismus, Professor Rolf Reissig, sowie der Leiter der Akademie für Gesellschaftswissenschaften, Otto Reinhold. Der dem rechten SPD–Flügel zugehörige Richard Löwenthal, auf den der „Unvereinbarkeitsbeschluß“ zur Zusammenarbeit zwischen Sozialdemokraten und Kommunisten zurück geht, hat nach den Worten Epplers das Papier „mitgebilligt“. Auch das SPD–Präsidium äußerte sich gestern positiv. Er glaube nicht, betonte Eppler vor der Presse in Bonn, daß dieses Papier „irgendeine Auswirkung“ für die Zusammenarbeit zwischen Sozialdemokraten und Kommunisten der DKP in der Bundesrepublik habe. Fortsetzung auf Seite 2 Er sehe keinen Grund, warum diesbezüglich ein neuer Beschluß gefällt werden sollte. Das Papier beginnt mit der Feststellung, daß „die Menscheit nur noch gemeinsam überleben oder gemeinsam untergehen kann“. Diese historisch einmalige Situation erfordere „ein neues Herangehen an die internationalen Angelegenheiten, besonders bei der Sicherung des Friedens“. Die Auseinandersetzung zwischen den gesellschaftlichen Systemen könne nur noch gewaltfrei ausgetragen werden. Gefordert wird daher eine „neue Kultur des politischen Streits und des Dialogs“. Für diese neue Streitkultur formulieren die Autoren einige Grundsätze. Im Mittelpunkt steht das jeweilige Bekenntnis zur „Reformfähigkeit“ und „Friedensfähigkeit“ beider Systeme: „Keine Seite darf der anderen die Existenzberechtigung absprechen. Unsere Hoffnung kann sich nicht darauf richten, daß ein System das andere abschafft. Sie richtet sich darauf, daß beide System reformfähig sind und der Wettbewerb der Systeme den Willen zur Reform auf beiden Seiten stärkt“. Und: „Beide Systeme müssen sich gegenseitig für friedensfähig halten.“ Eine andere „Grundregel“ des politischen Streits ist so formuliert: „Die offene Diskussion über den Wettbewerb der Systeme, ihre Erfolge und Mißerfolge, Vorzüge und Nachteile muß innerhalb jedes Systems möglich sein.“ Dabei offenbart sich auch ein neues ideologisches Selbstbewußtsein der SED, etwa wenn es heißt: „Jedes der beiden Systeme kann die von ihm beanspruchten Vorzüge nur durch das Beispiel zeigen, das die Menschen innerhalb und außerhalb seiner Grenzen überzeugt.“ Die Differenzen und die Grenzen dieses Papiers offenbarten sich gestern in Bonn an der Frage, ob zu der offenen Diskussion über Vor– und Nachteile des Systems etwa die Gründung einer sozialdemokratischen Partei in der DDR zählen könnte. Der SED–Vertreter Reissig erinnerte an den Einheitsschwur zwischen Sozialdemokraten und Kommunisten in den Konzentrationslagern. Eppler stellte heraus, daß die SPD da zu eine „definitiv andere Meinung“ habe, aber realistisch genug existierenden Sozialismus „ein mehrheitlich pluralistisches Parteiensystem“ unmöglich sei. In dem Grundsatzpapier werden die ideolzwischen SPD am Beispiel des kapitalistischen Eigentums, der Menschenrechte und der Demokratie aufgelistet. Da heißt es zum Beispiel: „Sozialdemokraten setzen -stischen Wirtschaftens zu verkennen - darauf, daß freie, ungehinderte Diskussion, der Wettbewerb von Ideen und Lösungsansätzen am ehesten in der Lage ist, auf bedrängende neue Fragen angemessene Antworten zu finden...“ Kommunisten seien dagegen fest überzeugt, daß „seine inneren Vorzüge - Vollbeschäftigung, Sicherheit und Geborgenheit für alle
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