: Die Statistik lügt nie !
■ Borussia Mönchengladbach - Eintracht Frankfurt 3:1 (2:1) / Trainer Feldkamp vermißt „passende Wucht“
Vom Zahlenberg Bernd Müllender
Mit Zahlen kann man alles beweisen, mit Statistiken erst recht. Besonders im Fußball. Da präsentieren beflissene Berichterstatter Eckenverhältnisse, Freistoßzahlen, bunten Schiedsrichterkarton, Fouls hüben und drüben, Schüsse aufs, über und neben das Tor, Chancen und Chäncechen. Manche Clubs verteilen an die Reporter schon Vordrucke mit entsprechenden Rubriken. Aus den Zahlenbergen bekommt man dann sehr weiße Schlüsse vorgesetzt, und alles paßt immer so wunder sam und analytisch zusammen. Probe aufs Exempel am Samstag. 7 Ecken für Borussia, 5 für Frankfurt - sind genau zwei mehr als bei den Toren, paßt also. Torabstöße Gladbach: 8, Frankfurt: 6 - logische Analyse, genau zwei entscheidende Male weniger hat Borussia danebengeschossen. Das gleiche bei Torwartrückpässen. 7:5 - zwei Frankfurter Rückgaben mehr im entscheidenden Moment, und es wäre Unentschieden ausgegegangen. Frankfurter Spieler berührten den Ball 25 mal mit dem Kopf, die Borussen 41 mal - kopfloses Spiel der Eintracht. Fouls 21:10(!) für Borussia - Analyse: Frankfurt fehlte der Biß. Einwürfe: Frankfurt 15, Borussia 11 - Vorteil nicht genutzt, da fehlte die ordnende Hand. Zudem warfen die Eintrachtler häufiger zurück - fehlende Lust zum Risiko. Noch irgendwelche Fragen, warum Frankfurt verlieren mußte? Am Ende hatte die Eintracht genau viermal Anstoß, Gladbach zweimal, paßt genau. Statistik lügt nie! Das alles dürfte Borussias Manager Grashoff nicht gewußt haben, als er nach dem Spiel besonders höflich war: „Ich beglückwünsche den starken Gegner zu diesem Spiel. Trainer Feldkamp neben ihm guckte verwundert. Nein, er hätte am liebsten alle vier Spitzen ausgetauscht, sein Team habe, da „die Wucht nicht gepaßt hat, nur schön gespielt und nicht gefightet“. Feldkamps hübsche Worte waren das Beste, was die Millionen– Gruppe vom Main im Gladbacher Millionärsviertel zu bieten hatte. Nur in den ersten Minuten zauberten die Gäste für Momente leichtfüßig übers Grün, und der langmähnige Schulz knallte die Seinen in Führung. Doch danach mußte Torsteher Kamps nicht einen Ball mehr fangen oder fausten. Das angebliche Talent Möller tauchte weg, als hätte der Platz einen unterirdischen Notausgang. Allein Kraaz hatte nicht nur seine Popperfrisur einem frechen Stoppelschnitt geopfert, sondern wehrte sich energiestrotzend und erfolgreich gegen Rahn (besonders enttäuschte der Ungar Detari). Doch erst nach einem Wuchtschuß von Hochstätter spielte die Borussia wie gegen Hamburg, zielstrebig und forsch, produzierte diverse Torchancen, brauchte aber noch einmal Gegners Hilfe, als nach Torwart Gundelachs fahrlässig kurzer Fußabwehr das Tor leer war und Bakalorz aus der Distanz ins einsame Netz löffelte. Nach dem Seitenwechsel glich Frankfurt sofort aus. So glaubten alle. Smolarek war im Strafraum gefoult worden, Möller hatte freistehend den Ball, der Schiedsrichter winkt aufgeregt Vorteil, Mattheis pfeift zur Mitte, doch da wedelt wie wild der Linienrichter - Abseits! Es gab Freistoß für Borussia. Und da vorher Rahn elfmeterhaft gefoult worden war, und der Pfeifenmann trotz ebenso wilden Winkens des Fähnrichs weiterspielen ließ, hatte sich die Ungerechtigkeit salomonisch und für die Statistik passend ausgeglichen. BORUSSIA: Kamps - Bruns - Herlovsen, Eiching (32.Krisp) - Winkhold, Dreßen, Hochstätter, Bakalorz, Frontzeck - Rahn, Criens (85.Thiele) EINTRACHT: Gundelach - Binz - Körbel, Kraaz - Sievers, Möller (65.Fritz,76.Heitkamp), Detari, Schulz, Roth - Turowski, Smolarek
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen