: Gelbes Licht für Ahaus
■ Die Baugenehmigung für das Brennelemente–Zwischenlager ist ausreichend, entschied das Oberverwaltungsgericht Münster / Baustopp bleibt vorläufig bestehen / Niederlage für Atomkraftgegner
Von Nikolaus Müller–Schöll
Die Gegner des Brennelemente– Zwischenlagers im nordrhein– westfälischen Ahaus haben am Donnerstag vor dem Oberverwaltungsgericht (OVG) in Münster eine Niederlage einstecken müssen. Der 21. Senat des OVG hat entschieden, daß die erste Baugenehmigung für die Großanlage ausreichend gewesen ist. Damit widersprach der Senat einer vielbeachteten Entscheidung des OVG vom Juni 1985. Damals hatte das Gericht die Baugenehmigung als „rechtswidrig“ bezeichnet und einen Baustopp bis zum Ende des Verfahrens verfügt. Das Gericht ließ jetzt ausdrücklich die Revision vor dem Bundesverwaltungsgericht in Berlin zu. Die Zukunft des Lagers bleibt also ungewiß. Ob der Baustopp weiter gilt, wird in einem gesonderten Eilverfah ren entschieden. Dieses kann erst beginnen, wenn das Urteil vom Donnerstag schriftlich vorliegt. In Gerichtskreisen hält man deshalb eine Entscheidung vor dem Januar 1988 für unwahrscheinlich. Nach Einschätzung der Anwältin des Klägers kann der Baustopp aufrecht erhalten werden, wenn unmittelbar nach der schriftlichen Fassung des Urteils Revision beim Bundesverwaltungsgericht eingelegt wird. Dann könne das Oberverwaltungsgericht den Baustopp nicht mehr aufheben. Sollten die Gegner des Zwischenlagers in die Revision gehen, so könnte sich das Verfahren weitere zwei bis drei Jahre hinziehen. Solange dauern die verhältnismäßig komplizierten Atomverfahren im Durchschnitt vor dem Bundesverwaltungsgericht. Im nordrhein–westfälischen Ahaus war die Stimmung gestern gedrückt: „Man kann ja doch nichts dagegen machen“, lautete die am häufigsten geäußerte Ansicht nach den Worten von Margret Schäfer, die in der seit zehn Jahren bestehenden Bürgerinitiative „Kein Atommüll in Ahaus“ mitarbeitet. Zwar sei noch immer die überwiegende Mehrheit im Ort gegen das Zwischenlager, doch habe sich eine „gewisse Gleichgültigkeit“ ausgebreitet. Resignation spricht auch aus den Worten des Klägers Hermann Lenting: „Wir laufen jetzt schon seit 14 Jahren dagegen an.“ Das sei der zweite Prozeß, den er in der gesamten Zeit verloren habe. Zwar hätten die Richter betont, daß „alles noch für beide Seiten offen“ sei, doch könne er noch nicht sagen, ob er vors Bundesverwaltungsgericht gehe, „wegen der Kosten“. Nach dem Urteil muß Lenting die gesamten Prozeßkosten tragen. Mitglieder der BI in Ahaus hatten vor der Verhandlung ein negatives Urteil befürchtet, da der 21. Senat bereits zuvor im Verfahren um den Hochtemperaturreaktor (THTR) gegen die Atomkraftgegner entschieden hatte. Als merkwürdig empfand man es auch, daß der für atomrechtliche Fragen zuständige Senat in einer baurechtlichen Frage entscheide. Beim OVG wurde dies mit allgemein geänderten Zuständigkeiten erklärt. Der Sprecher der nordrhein– westfälischen Grünen übte scharfe Kritik am Urteil des OVG: Die Genehmigung eines Zwischenlagers setze die Existenz eines Endlagers für Atommüll voraus. Das OVG habe sich an die Seite der „Energielobby“ gestellt, die nach einem „Weg aus dem Atommüllnotstand“ suche. Siehe auch Kommentar Seite 4
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen