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Becquerel–Poker der EG

■ Nationale Lösungen als Ergebnis des zerstrittenen EG–Ministerrats / Eine Woche Schonfrist für Grenzwerte

Brüssel (taz/dpa/ap) - Der EG– Ministerrat hat sich, wie gestern kurz gemeldet, erneut nicht auf Grenzwerte für radioaktiv belastete Lebensmittel einigen können. Da die alte, nach Tschernobyl festgelegte Grenzwert–Regelung heute ausläuft, wurde - wie schon mehrfach gehandhabt - eine letzte Fristverlängerung um eine Woche beschlossen. Jedoch rechnet niemand mehr damit, daß es bei neuen Verhandlungen in einer Woche zu einer Einigung kommen wird. Politische Beobachter in Brüssel erwarten ein erneutes Scheitern und damit das Inkrafttreten von nationalen Grenzwertregelungen. Die EG–Grenzwerte liegen jetzt bei 370 Bq Cäsium für Milchprodukte und 600 Bq für übrige Nahrungsmittel. Die EG–Kommission hat eine drastische Erhöhung um mehr als das Doppelte vorgeschlagen. Dieser Regelung widersetzen sich Dänemark, Niederlande und die BRD, während Frankreich, unterstützt vor allem von Großbritannien aber auch von Spanien, noch höhere Grenzwerte durchsetzen will, als sie selbst die EG–Kommission fordert. An eine Senkung der Werte auf das Niveau einer Jahresbelastung von 30 Millirem wie vor Tschernobyl ist nicht zu denken. Lediglich das Straßburger Parlament war in einer nicht bindenden Resolution überraschend einstimmig für strengere Grenzwerte eingetreten. Falls es nächste Woche nicht zu einer Einigung kommt, bleibt in der BRD die alte 370/600–Bq–Regelung in Kraft. Die inzwischen in der Bundesrepublik 19.000 Mitglieder zählenden Eltern– und Müttergruppen für unbelastete Nahrung haben in einem offenen Brief an den Ministerrat gegen eine Erhöhung der Grenzwerte protestiert. -man–

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