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Ortega wird mit Contra verhandeln

■ Ortega zu indirekten Gesprächen bereit / Amnestie und Aufhebung des Notstandes möglich

Aus Managua Ralf Leonhard

Nicaraguas Präsident Daniel Ortega hat sich im Rahmen des Mittelamerika–Friedensplans zu indirekten Gesprächen mit der antisandinistischen Contra bereiterklärt. Ein Vermittler solle mit den Contras Kontakt aufnehmen, um einen Waffenstillstand auszuhanhandeln. Eine allgemeine Amnestie und die Aufhebung des Notstands machte Ortega von einer Beendigung des Krieges und vom Stopp der US–Hilfe für die Contra abhängig. Die Amnestie gelte für alle politischen Straftäter, nicht jedoch für inhaftierte Somozisten. Bisher hatte Nicaragua jede Art von Gesprächen mit der Contra abgelehnt. Die Sandinisten hatten ihre Basis und einen Großteil der Staatsangestellten mobilisiert, um der Ansprache Ortegas einen entsprechenden Rahmen zu verleihen. Mehr als 100.000 Menschen waren während der Großkundgebung anwesend. „Einen würdigen Frieden für den Wiederaufbau“ forderten Spruchbänder, und: „Keine Amnestie für die Nationalgarde“. Internationale Prominenz, darunter Hans–Jürgen Wischnewski von der SPD und New Yorks Bürgermeister Ed Koch, war nach Managua gekommen. Schon seit Tagen war in den Medien und auf der Straße darüber spekuliert worden, welche Schritte Nicaragua noch im Rahmen des Arias–Friedensabkommens unternehmen könnte, ohne die letzten Trümpfe aus der Hand zu geben. Ortega hat nun mit einem Drahtseilakt zwischen den Forderungen der Nachbarstaaten und dem Festhalten an ehernen Prinzipien der Sandinisten eine Antwort gegeben. Die zwei Dekrete sollen erst dann in Kraft treten, wenn die internationale Verifizierungskommission des Arias– Plans feststellt, daß die Contras nicht mehr von den USA finanziert werden. Fortsetzung auf Seite 6 Kommentar auf Seite 4 Das erste Dekret betrifft eine Amnestie, das andere verfügt die Aufhebung des seit März 1982 geltenden Notstands. 967 Gefangene sollen umgehend freigelassen werden. Auch einem ausgehandelten Waffenstillstand steht theoretisch nichts mehr im Weg. Nicaragua will einem Vermittler eine Botschaft mit ihren Bedingungen übergeben. Wer die Mittlerrolle spielen soll, ist noch nicht entschieden. Der konservative Kardinal Obando, Präsident der Nationalen Versöhnungskommission, hat sich wiederholt angeboten. „Wir haben diese Entscheidung getroffen, um unseren Feinden keine Ausreden zu lassen, daß wir nicht alles unternämen, um den Waffenstillstand herbeizuführen“, sagte Ortega und versicherte den verunsicherten Massen auf dem Platz, daß man dies nicht mit einem politischen Dialog mit der Contra verwechseln dürfe, in dem um die Macht verhandelt werde. Die Sandinisten hatten noch vergangene Woche in einem scharfen Kommunique jeden Dialog mit der Contra–Führung, auch über Vermittler, kategorisch ausgeschlossen. Die einseitig für die Nordprovinz ausgerufene Waffenruhe, die von den Contras für Verschleppungen von Zivilisten und Angriffen auf Agrargenossenschaften genutzt worden war, wird nicht verlängert: Die Contras haben dort bis morgen Zeit, sich der Amnestie zu unterwerfen. Rund 600 Dschungelkämpfer sollen von der Amnestie Gebrauch gemacht haben. Allein im vergangenen Monat hat aber der Krieg laut Anga ben des Verteidigungsministeriums in Managua über 600 Tote gefordert: 395 Contras, 215 Regierungssoldaten und 15 Zivilisten. Mit den neuen Maßnahmen, die von der radikalisierten sandinistischen Basis nur mit begrenztem Applaus honoriert wurden, erfüllt Nicaragua zum Abschluß der 90tägigen Vertragsfrist die Bestimmungen des Guatemala–Abkommens und setzt gleichzeitig Honduras und die USA unter Zugzwang. Die honduranische Regierung, die keine wichtige Entscheidung ohne grünes Licht aus Washington fällen kann, hat bisher nichts unternommen, um Artikel 6 des Abkommens zu erfüllen, der fordert, daß irregulären Truppen das Territorium verweigert wird. Die Contras haben in Honduras ihre Lager und logistische Basis. Daß die Contras und die USA auf die Bedingungen der Sandinisten eingehen, ist wenig wahrscheinlich. Während selbst El Salvadors Präsident Duarte vertragsgemäß regionale und extraregionale Mächte aufforderte, von der Unterstützung Aufständischer abzulassen, brachte Präsident Reagan einen Antrag um 3,2 Millionen Dollar humanitärer Hilfe für seine Schützlinge im Kongreß ein.

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