: Der Agent, der Bauchweh hatte
■ Frankreich „repatriiert“ in Neuseeland verurteilten Agenten / Alain Mafart war an Attentat auf Greenpeace–Schiff beteiligt, bei dem ein Fotograf ums Leben kam
Aus Paris Georg Blume
Nicht nur die heuchlerische Sorge um die französischen Geiseln im Libanon, auch die Bauchschmerzen eines kriminellen Geheimdienstlers aus dem nationalen Offiziersstab sind für Paris Grund genug, internationales Recht zu verletzen. Alain Mafart sitzt seit zwei Jahren auf einer Pazifikinsel, nachdem er zunächst in Neuseeland zu zehn Jahren Freiheitsstrafe wegen Totschlags im Zusammenhang mit dem Bombenattentat auf das Greenpeace– Schiff „Rainbow Warrior“ verurteilt wurde. Mafart wurde dann aber auf der Basis eines Vertrages zwischen Paris und Wellington gemeinsam mit seiner Kollegin Dominique Prieur ins französische Kolonialexil entlassen. Diesen Vertrag hat die Chirac–Regierung nunmehr gebrochen, indem sie Mafart gestern nach Paris verfrachten ließ, noch bevor die dreijährige Exilfrist abgelaufen ist. Die skandalöse Regierungsbegründung für den Transfer (“Bauchschmerzen“) und die sofortigen Proteste Wellingtons (Paris untersagte Neuseeland die medizinische Untersuchung Mafarts) ändern nichts: Die französische Boulevardpresse wird nunmehr die Heimkehr eines nationalen Martyrers feiern, ebenso wie man die freigelassenen Geiseln bejubelte. Empörung in Frankreich ist kaum zu erwarten, zumal der internationale Greenpeace–Verband ausgerechnet an diesem Wochenende entschied, sein Pariser Büro zu schließen und den französischen Vorsitzenden der Organisation zu entlassen. Greenpeace– Frankreich kostete den Öko–Multi offenbar zuviel Geld und war zudem bei den Mitgliedern im eigenen Land in Mißgunst geraten, da man nach dem „Rainbow–Warrior“–Attentat den französischen Militarismus zu kritisieren begann. Alain Mafart wird all dies nicht stören: Der heimatliche Weihnachtsbraten wird ihm sicherlich auch mit Bauchschmerzen schmecken.
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