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„AD“–Prozeß: Nur das Urteil fehlt

■ Den vier Hauptangeklagten von „Action Directe“ ist die Höchststrafe sicher: zehn Jahre / Die Spannung konzentriert sich auf die Urteile für die angeklagten „Sympathisanten“

Aus Paris Georg Blume

„Ich wünsche, nicht von einem Anwalt verteidigt zu werden.“ Für diese Erklärung hatte sich Jean–Marc Rouillan, Kopf der französischen Untergrundorganisation „Action Directe“, am Donnerstag nachmittag das erste und letzte Mal vor dem Gerichtsvorsitzenden erhoben. Alle Verteidiger waren in den letzten Tagen zu Wort gekommen. Das Urteil wird nun für den 12.Februar erwartet. Dabei darf man auf den Richterspruch durchaus gespannt sein. Sicherlich betrifft diese Spannung nicht den harten Kern der „Action Directe“–Gruppe. Jean–Marc Rouillan, Nathalie Menigon, Joelle Aubron und Georges Cipriani ist die Höchststrafe von zehn Jahren in diesem Verfahren sicher, in dem die Anklage ausschließlich auf Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung lautet. Weniger sicher ist, in welchem Zustand die vier nach nunmehr 53 Tagen Hungerstreik von dem Urteil erfahren werden. Nur BRD–Gruppen erklärten sich mit dem Hungerstreik solidarisch. Offen aber erscheint das Schicksal anderer Angeklagter. Spektakulärer Höhepunkt des Verfahrens waren die Aussagen der vier einzigen Zeugen, deren die Polizei habhaft wurde. Alle vier dementierten ihre während des Untersuchungsverfahrens gegebenen Aussagen mit der Begründung, daß ihnen die Antworten teilweise unter Druck diktiert wurden. Damit widersprachen sie den konkreten, von der Staatsanwaltschaft vorgelegten Verdachtsmomenten gegen die Angeklagten Annelyse Benoit, Bruno Baudrillart, Dominique Poirre, Jean Asselmeyer und Salvatore Nicosia, die sich allesamt nicht zur Mitgliedschaft bei „Action Directe“ bekennen. Diese Angeklagten, für die die Staatsanwaltschaft acht Jahre Freiheitsentzug fordert, saßen bereits drei Jahre in Untersuchungshaft, ohne jemals den erwähnten Zeugen der Anklage gegenübergestellt zu werden. Am letzten Verfahrenstag verteidigte Maitre Ripert die Angeklagten Poirre und Asselmeyer. „Action Directe ist eine lebendige Organisation, auch wenn dies einigen mißfällt. Action Directe ist im Krieg mit dem Staat, und der Staat ist im Krieg mit Action Directe. Was man Asselmeyer und Poirre vorwirft ist nicht etwa, daß sie einen bewaffneten Kampf geführt haben, sondern daß sie diesen als Form des politischen Ausdrucks akzeptiert haben“, plädierte Ripert. Er unterschied zwischen den Angeklagten, die sich zu „Action Directe“ bekennen, und den anderen: „Für die ersten machen die Vorwürfe keinen Sinn, sie erlauben nur, letztere kaltzustellen.“

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