: Dezentral, aber einmütig gegen AKWs
■ Bundesweite Konferenz der Anti–AKW–Bewegung beschließt Aktionskonzept für die nächsten Monate / Dezentrale Aktionen mit zentrlaer Koordination / Bundesweiter „Abschalttag“ und Demonstrationen geplant
Aus Marburg Barbara Mika
„Die Spielregeln sind ganz einfach: Sie sind als Unternehmer/ Unternehmerin im Atommüllgeschäft engagiert. Ihre Aufgabe: Mit „Barschelpunkten“ und Parteispenden, trotz Blockaden von AKW–Gegnern, Ihre Atommüllfässer zu ihrem Bestimmungsort zu bringen.“ „Entsorgung“ heißt dieses reizende Familienspiel, ein Mitbringsel der Gruppe „Fliegende Blätter Münster“, mit dem sich die Teilnehmer der Sonderbundeskonferenz der Anti–AKW–Bewegung nach ihrer anstrengenden Debatte vergnügen können. Nach nur vierstündiger Diskussion der Konferenz, standen am Sonntag nachmittag in Marburg die Hauptaktionen des künftigen Widerstandes so gut wie fest. Am frühen Abend hatten die aus 35 bundes deutschen Städten angereisten VertreterInnen von Bürgerinitiativen gegen Atomkraftwerke ein umfangreiches Konzept beschlossen. Geplant sind dezentrale Aktionen mit zentraler Koordination und einem gemeinsamen Ziel: die sofortige Stillegung aller Atomanlagen weltweit. Der Terminplan des Widerstandes beginnt, wenn der nächste Transport abgebrannter MOX–Brennelemente von Kahl nach Lübeck rollt, am 16./17.Februar. Entlang der gesamten Strecke werden Aktionen vorbereitet, eine Demonstration in Lübeck am 13.Februar geht voraus. Natürlich werden die Demonstranten den Lastzügen nicht vermummt entgegentreten. Aber zufällig ist am 16.Februar Fastnachtsdienstag. Am 29.Februar folgt ein bundesweiter „Abschalttag“. Insge samt 70 Gruppen werden vom Bücherstand bis zur Blockade, vom Unterschriftensammeln bis zur Diskussionsveranstaltung das auf die Beine stellen, was lokal möglich und nötig ist. Der „Abschalttag“ mobilisiert gleichzeitig für die nächste Aktion am 5.März. Dann wird an vier AKW–Standorten demonstriert: in Gorleben, in Essen (RWE–Hauptsitz), im Rhein–Main Gebiet (Degussa, NUKEM) und in Wackersdorf. Das Atomprogramm ist überall in der BRD alltägliche Wirklichkeit. Und Hanau ist überall, wo es ein Atomlobby gibt. Deshalb konzentrierte sich die Konferenz gleich auf vier Standorte im Atomstaat BRD und nicht nur auf Hanau oder Bonn. Eine Großdemonstration in Hanau ist nur für den Fall geplant, daß NUKEM wieder zu seiner Betriebsgenehmigung kommt. Dann soll eine bundesweite Kundgebung in Hanau am zweiten Samstag nach Wiedereröffnung von NUKEM stattfinden. Vor allem die „Initiativgruppe Umweltschutz Hanau“ ist von einer Großdemonstration auf eigenem Terrain nicht sonderlich begeistert. Die BI befürchtet, daß die Stadt überlastet werden könnte und dadurch die Aktionsformen vielleicht weniger friedlich verlaufen. Bereits in 14 Tagen trifft sich die Sonderbundeskonferenz der Anti–AKW–Bewegung zu weiteren Beratungen. Vielleicht gibt es dann auch einen Beschluß über ein Blockade von NUKEM/ Transnuklear, die in Marburg zwar diskutiert, aber noch nicht entschieden wurde. Auch für diese Blockade soll nur regional, das heißt im Rhein–Main–Gebiet und eventuell in Bayern mobilisiert werden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen