: Autonomieplan wiederbelebt
■ Israel reagiert positiv auf neue US-Friedensinitiative für die besetzten Gebiete / Gleichzeitig Ausgangssperre über Nablus / Zwei Palästinenser erschossen
Jerusalem (dpa/ap/afp/taz) – In der Westbank haben die israelischen Besatzer am Montag erneut zwei palästinensische Demonstranten erschossen und über die Stadt Nablus mit ihren 100.000 Einwohnern eine Ausgangssperre verhängt. Derweil ist die jüngste US-amerikanische Friedensinitiative für die besetzten Gebiete in Israel auf ein positives Echo gestoßen. Ministerpräsident Shamir erklärte, er sei bereit, auf der Grundlage des neuen, in Washington erarbeiteten Autonomie-Plans über die Zunkunft der Westbank und des Gaza-Streifens zu verhandeln. Er akzeptiere jetzt auch das Konzept einer eintägigen internationalen Nahost- Konferenz als Auftakt zu direkten Gesprächen zwischen Israel, Jordanien und Vertretern der Palästinenser. Bisher hatte Shamir eine internationele Konferenz strikt abgelehnt. Shamir wies darauf hin, daß es keine Überraschungen geben werde, da die US-Regierung versprochen habe, ihre Bemühungen mit denen Israels zu korrdinieren. Im israelischen Fernsehen erklärte er, anders als beim Camp-David-Abkommen von 1978 werde bei der Autonomieregelung an eine Übergangsphase von weniger als fünf Jahren Dauer gedacht. Nach Angaben des israelischen Rundfunks sieht der amerikanische Vorschlag den Beginn einer internationalen Konferenz vor, die auf sofortige Verhandlungen über einen Dreistufenplan zur palästinensischen Selbstverwaltung in den besetzten Gebieten anschließen soll.
Ferner soll der Autonomieprozeß beschleunigt und die israelischen Soldaten sollen aus den vorwiegend von Palästinensern bewohnten Zonen abgezogen werden.
Unterdessen kritisierte der jordanische Minister für die besetzten Gebiete, Marwan Dudin, die amerikanische Initiative, die weder den Erwartungen der Palästinenser noch dem arabischen Konsens entspreche. Die arabischen Staaten hätten sich bereits für eine internationale Friedenskonferenz unter der Ägide der UNO und mit Beteiligung aller betroffenen Parteien, auch der PLO, ausgesprochen.
In den besetzten Gebieten stieß der jüngste Vorschlag im Nahost- Diplomatiekarussell auf nahezu einhellige Ablehnung. Bei Gesprächen mit Palästinensern in der Westbank war am Sonntag von „leerem Getue“ und einem „alten Hut mit neuen Federn“ die Rede. Das Vertrauen auf Pläne, die „in den USA ohne uns Palästinenser, aber in Einvernehmen mit den Israelis ausgekocht“ werden, war äußerst gering. Ein jordanisch- palästinensisches Kondominium wird ebenso abgelehnt wie eine israelisch-jordanische „Zusammenarbeit unter amerikanischem Schirm“. „Unser Kampf muß zu einem Rückzug Israels aus den besetzten Gebieten und zur Errichtung eines selbständigen palästinensischen Staates führen“ – solche Aussagen waren allenthalben bei Gesprächen in der Westbank zu hören.
In dem Dorf Anabta im nördlichen Teil der Westbank wurden am Montag morgen erneut zwei Palästinenser erschossen.
In der Stadt Nablus wurden nach Berichten von Beobachtern in der Nacht zum Montag massiv Truppen zusammengezogen. Die Soldaten hätten sich auf den Dächern der Wohnhäuser verteilt, um so die Altstadt besser kontrollieren zu können, hieß es bei den Militärs. Beim Einmarsch der Truppen seien mehrere Dutzend Palästinenser verhaftet worden. Am Sonntag hatte die israelische Armee erstmals seit zwei Jahren wieder eine Ausgangssperre über die Stadt verhängt. Auch über fünf Flüchtlingslager wurde erneut ein Ausgehverbot verhängt.
Mehrere Dutzend Mitglieder der Siedlerbewegung Gush Emunin, die die Annexion der besetzten Gebiete befürwortet demonstrierten am Sonntag vor dem Sitz von Ministerpräsident Shamir, nachdem bei den Unruhen am Wochenende auch ein Israeli schwer verletzt worden war. Militärangaben zufolge wurde der Mann von einem Molotov-Cocktail getroffen, als er in seinem Wagen durch einen Vorort von Ramallah (Westbank) fuhr.
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