: Weimar-Anzeige ist „Schauantrag“
Die Sprecherin des hessischen Umweltministers bezog Stellung zum Strafantrag einer Frankfurter Initiative Alle Vorabzustimmungen der Nuklearbetriebe „werden überprüft“ / Untersuchungen bald abgeschlossen ■ Aus Frankfurt Reinhard Mohr
Als einen „Schauantrag“ bezeichnete die Sprecherin des hessischen Umweltministers Weimar (CDU), Christiane Kohl, die Strafanzeige, die gestern eine Frankfurter Initiative aus Anwälten, Ärzten und Lehrern wegen Beihilfe zum unerlaubten Betreiben kerntechnischer Anlagen gegen Weimar erstattet hatte. Gegenstand ist die Duldung des rechtswidrigen und strafbaren Betriebs der Hanauer Atomanlagen durch den hessischen Umweltminister – ein Tatbestand, der seit dem Urteil im ALKEM-Prozeß vom 12.11.1987 aktenkundig sei, so die Autoren der Strafanzeige. Im ALKEM-Urteil wurden die seit 1975 von der Atomaufsichtsbehörde erteilten „Vorabzustimmungen“ als rechtswidrige Umgehung des ordentlichen – und öffentlichen – atomrechtlichen Genehmigungsverfahrens gewertet.
Bis heute liegt für keine der Hanauer Atomanlagen eine Genehmigung vor. Weimar als „amtlicher Überwachungsgarant“ mache sich deshalb durch Untätigkeit der Beihilfe zum illegalen Betrieb der Atomanlagen schuldig.
Der Minister, dem die Strafanzeige gestern noch nicht vorlag, nehme das ALKEM-Urteil „durchaus ernst“ und lasse gegen wärtig alle „Vorabzustimmungen“ seit 1975 überprüfen, wie seine Sprecherin Christiane Kohl der taz mitteilte. Man stehe kurz vor dem Abschluß der Untersuchungen. Wenn einige Vorabzustimmungen „nicht rechtens sein sollten“, so werde Weimar sie in Absprache mit Bundesumweltminister Töpfer zurückziehen. Dennoch werde dies nicht zur Stillegung von Anlagen führen. In diesem Zusammenhang verwies die Sprecherin auf eine Vorabzustimmung zu „sicherheitserhöhenden“ Betriebsveränderungen, die im ALKEM-Urteil „nicht gerügt“ worden seien. Fünf andere dagegen sind vom Hanauer Landgericht als eindeutig rechtswidrig bezeichnet worden und müßten aufgehoben werden.
Christoph Kremer, Anwalt und Sprecher der Initiative, nannte auf Nachfrage der taz ein Beispiel von Vorabzustimmung, dessen Rücknahme unter Berücksichtigung des ALKEM-Urteils auch nach der Rechtsauffassung von Umweltminister Weimar unumgänglich sei. Im Jahre 1981 hat die RBU eine völlig neue Produktionslinie zur Assemblierung von Mischoxid (MOX-)Brennelementen für Leichtwasserreaktoren (Uran und Plutonium) entwickelt, für die nie ein Genehmigungsverfahren nach § 7 Atomgesetz eingeleitet wurde. Eine Rücknahme der rechtswidrigen „Vorabzustimmung“ würde zur Stillegung des größten und profitabelsten Produktionsbereichs der RBU führen. Kremer: „Eine Rückführung der Hanauer Nuklearbetriebe auf den Stand vor den – laut Hanauer Landgericht – rechtswidrigen Vorabzustimmungen hieße: Stillegung.“
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