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Zoff in der Oberpfälzer SPD

■ SPD–Mandatsträger sollen aus WAA–Standortbeirat austreten / SPD–Landtagsabgeordneter unter Beschuß / Schützenhilfe von CSU und DWK / Kötztinger SPD: „Kaufe Dir einen anderen Charakter“

Von Bernd Siegler

Nürnberg (taz) - „Es kann und darf nicht Aufgabe von Mandatsträgern sein, Impulse für die Arbeit der DWK zu geben“, betont der Schwandorfer SPD–Kreisvorsitzende Ebner. Anlaß für Ebners Empörung ist die Mitarbeit von drei Oberpfälzer SPD–Mandats– trägern in dem von der WAA–Betreiberfirma DWK neugegründeten „Standortbeirat“, von dem sich die DWK „wichtige Impulse für die eigene Arbeit“, insbesondere für die Akzeptanzförderung der WAA erwartet. Der Bezirksvorstand der ostbayerischen SPD hat den Wackersdorfer Bürgermeister Ebner, den Gemeinderat Politzka und den Regensburger Landtagsabgeordneten Wolf, der als Befürworter des Einsatzes von Atomenergie und der WAA bekannt ist, jetzt aufgefordert, ihre Mitarbeit im Beirat sofort einzustellen, da die Partei auf allen Ebenen die WAA ablehne. Schützenhilfe erhält Wolf derweil von der DWK und vom stellvertretenden CSU–Generalsekretär Huber, der der SPD „inhumane Methoden gegen eigene Parteigenossen und massive Intoleranz“ vorwirft. MdL Zierer hält die Mitarbeit von SPD–Mandatsträgern für „einen ungeheuerlichen Vorgang“, das Engagement von Wolf für eine „Provokation erstens Ranges“. Wolf betätige sich damit gegen den Mehrheitswillen der Fraktion „als Vollzugsgehilfe der DWK“. Der Schwandorfer Landtagsabgeordnete Dietmar Zierer verlangt von Wolf, aus der SPD– Landtagsfraktion auszuscheiden. Schon seit zwei Jahren boykottiere er die Fraktion und nehme an Sitzungen nicht mehr teil. SPD– Fraktionschef Hiersemann will in dieser Woche mit Wolf darüber reden. Dann wird sich die Fraktion mit Zierers Antrag befassen. Was mit Wolf geschieht, so Hierse mann, entscheidet jedoch nicht die Fraktion, sondern die Partei. Der Bezirksvorstand der ostbayerischen SPD hat bereits beschlossen, kein Parteiausschußverfahren gegen Wolf einzuleiten. Das sei Sache der Ortsvereine. Er begnügte sich mit einer Rüge. Insbesondere Mandatsträger hätten „keinen Freibrief, gegen die Ziele der SPD zu arbeiten“. Zierer hofft nun auf die Basis. „Ich bin mir sicher, daß es Ortsvereine gibt, die den Zustand nicht länger hinnehmen werden“. Er betrachtet es als eine „Frage der Glaubwürdigkeit der SPD“, daß sie WAA–Befürworter nicht als Kandidaten z.B. für die Kommu nalwahlen 1990 aufstellt. Durch die Mitarbeit des Wackersdorfer Bürgermeister Ebner sieht er dessen „persönliche und kommunalpolitische Unabhängigkeit“ in Gefahr. Gerade in der Überlegungsphase, ob die Gemeinde einen neuen Bebauungsplan erstellen soll, sei die Mitarbeit unverantwortlich. Xaver Wolf hingegen denkt nicht daran, aus dem Beirat auszuscheiden. „Schon allein aus Gründen der Selbstachtung“ wird er der Aufforderung des Bezirksvorstands nicht folgen. „Wenn die bayerische SPD Andersdenkende nicht verträgt, sollen sie mich halt rausschmeißen.“ Er gehöre als Privatmann dem Gremium an, das für ihn eine dringend notwendige „eindeutige friedensstiftende Funktion“ erfülle. „Wir dulden Homosexuelle in der SPD und müssen auch WAA–Befürworter ertragen“, appellierte er an die innerparteiliche Toleranz. Während der Regensburger SPD– Kreisvorsitzende Faltermeier von einem „gezielten Kesseltreiben“ gegen Wolf spricht, sieht Franz Auracher, Vorsitzender der Kötztinger SPD, die Sache ganz anders. Er schrieb an Wolf: „Ich weiß nicht, ob Dir die DWK Dein parteischädigendes Verhalten honoriert. Wenn ja, dann kaufe Dir davon einen besseren Charakter.“

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