Streit um WAA–Einwendungen

■ Die bayerische Staatsregierung schießt gegen die Kampagne der Bürgerinitiativen, die Einwendungen gegen den WAA–Sicherheitsbericht sammeln / WAA–Klägeranwalt spricht von gezielter Desinformation

Von Bernd Siegler

Nürnberg (taz) - Eine positive Halbzeitbilanz im laufenden Einwendungsverfahren zum zweiten Sicherheitsbericht ziehen die WAA–Gegner - und das Bayerische Umweltministerium wählt starke Worte gegen die BI. „Nach der Art des Rattenfängers von Hameln“ würden Einwendungen gesammelt, tönt es aus München. Dem Anwalt der Oberpfälzer Anti–WAA–Bürgerinitiativen, Wolfgang Baumann, wirft Ministeriumspressesprecher Grass „verantwortungsloses Verhalten“ vor. Im Mittelpunkt der Kritik steht Baumanns Äußerung, wer keine Einwendungen im WAA–Verfah ren erhebe, verliere seine Grundrechte und mögliche Entschädigungsansprüche. Das sei „vorsätzliche oder fahrlässige Falschinformation“. Dieser Standpunkt sei absurd und rechtlich unhaltbar. Die bis zum 22.April erreichte Gesamtzahl der Einwendungen werde damit nur „manipulativ“ zustandegekommen sein. Rechtsanwalt Baumann seinerseits wirft dem Umweltministerium „Desinformationspolitik“ vor und führt zum Beweis die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts an. Danach ist derjenige, der keine fristgerechten Einwendungen erhebt, vom gesamten weiteren Genehmigungsverfahren, insbesondere vom Erörterungstermin ausgeschlossen. Er kann dann auch gegen die WAA keine Klage mehr erheben bzw. seine Rechte vor Gericht erstreiten. Er verwirkt also, so seine Argumentation, seine Rechte, insbesondere die Grundrechte auf Leben, Gesundheit, körperliche Unversehrtheit, Eigentum und freie Entfaltung der Persönlichkeit. Lediglich sog. Gefährdungshaftungsansprüche nach dem Atomgesetz und Schadenersatzansprüche bleiben davon unberührt. Doch, so betont Baumann, könne im Falle eines Störfalls der Gefährdungshaftungsanspruch durch ein Gesetz schnell abgeschafft werden. Für Baumann liegt der Verdacht nahe, daß das Ministerium „die Bürger um ihre Rechte bringen möchte“. Gleichwohl glaubt er, die Ursachen für den „Paniklauf“ des Umweltministeriums zu kennen: Die Zahl der rücklaufenden Einwendungen sei „überraschend hoch“. Tatsächlich haben die bisher 50 Veranstaltungen der von den Oberpfälzer Bürgerinitiativen organisierten „Kampagne 88 - Rechtsschutz gegen die WAA“ schon eine erstaunliche Resonanz gezeigt. Insgesamt 60.000 Einwendungslisten wurden bisher angefordert und versandt. Klaus Brückner von der BI–Schwandorf ist daher optimistisch, die Zahl von 53.000 Einwendungen, die zum ersten Sicherheitsbericht kamen, übertreffen zu können.