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Mit Steuern ökologisch steuern

■ Heidelberger Umweltforscher schlagen ökologische Steuerreform vor / Umweltbelastende Produkte sollen mit einem „Zehnten“ belegt werden / Bald Frieden und Freude für alle durch paradiesische Zustände?

Berlin (taz) - Die Lösung allen Ungemachs ist da: die Öko– Steuer. Nach eineinhalb Jahren Forschung legte das Heidelberger Umwelt– und Prognose–Institut (UPI) gestern seine Vorschläge für eine ökologische Steuerreform auf den Tisch. Tendenz: Wer Menschen, Boden, Wasser und Luft belastet und belästigt, soll löhnen. Kräftig. Warum nicht mit Steuern ökologisch steuern? Dies war die Ausgangsfrage der Untersuchung. Die Antwort: die „stufenweise Einführung einer Öko–Steuer auf zunächst 35 umweltbelastende Produkte, je nach Produkt zwischen 20 und 200 Prozent. Das ergäbe Steuereinnahmen und damit ein ökologisches Steuerungsvolumen von insgesamt 205 Milliarden Mark.“ Nach der Utopie des Heidelberger UPI könnte die Mehrwertsteuer abgeschafft, die Lohnsteuer um satte 20 Prozent und die Rentenversicherung um 40 Prozent gesenkt werden. Und was wird künftig besteuert? Das Forscherteam nennt eine Reihe von Beispielen für Öko– Steuern, die etwa auf Stickstoffdünger, Pestizide, Gifte aller Art, Futterimporte, auf Spraydosen, Reinigungsmittel, Schaumstoffe, Batterien, Waschmittel, Zigaretten usw. erhoben würden. Von der Postwurfreklame, die die Briefkästen und Papierkörbe füllt, bis zur Einwegflasche (80 Pfennig pro Sündenfall) wird Umweltbelastendes besteuert. Wer katalysator–frei durch die Städte rußt, wird mit einer einmaligen „Öko–Abgabe“ von 500 DM zur Kasse gebeten. Autofahren würde allerdings ohnehin wenig Freude bereiten. Als ökologischer Counter, der gleichzeitig Unfalltote, Abgase, Lärm und Naturverbrauch verursacht, wird das Auto heftig besteuert. Um 1,90 DM pro Liter soll die Mineralölsteuer angehoben werden. Die UPI–Studie: „Es ist zu erwarten, daß der Markt mit energiesparenden Motoren reagieren würde.“ Schon jetzt habe VW einen Öko–Polo entwickelt, der nur noch 2,6 Liter Benzin auf 100 Kilometern verbrauche. Ähnliche Marktentwicklungen wollen die Heidelberger auf verschiedenen Gebieten erreichen. Etwa beim Energie– und Wasserverbrauch: Erdgas soll mit 25, Erdöl mit 75 Prozent besteuert werden, Atomstrom mit sechs Pfennig/Kilowattstunde; auch Wasser wird teurer. Die Akzeptanz in der Bevölkerung wird wegen des angenommenen Vernunftgehalts der Steuer hoch eingeschätzt. Notwendig sei ausschließlich „der politische Wille“. Die Effekte der Steuerreform werden dagegen fast paradiesisch geschildert: „Die Müll– Lawine wird eingedämmt, Energieverschwendung, Luftverschmutzung, Lärm und Gesund heitsschäden durch Umweltverschmutzung gehen zurück... Der öffentliche Verkehr wird attraktiver, die Staatsverschuldung abgebaut.“ Die Studie (70–Seiten–Broschüre) ist beim UPI Heidelberg (Handschuhsheimer Landstr. 118a) zu beziehen. Sie kostet satte 20 Mark (ohne Öko–Steuer). -man–

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