piwik no script img

Foltervorwürfe gegen US–Rauschgiftfahnder

■ In Tegucigalpa hat sich nach den antiamerikanischen Protesten der Vorwoche die Lage wieder normalisiert / Notstand weiterhin in Kraft / Der an die USA ausgelieferte mutmaßliche Rauschgifthändler Matta soll auf dem Transport mit Elektrogerät gefoltert worden sein

Tegucigalpa (rtr/dpa) - In der nach antiamerikanischen Protesten unter Ausnahmerecht gestellten honduranischen Hauptstadt Tegucigalpa hat sich die Lage offenbar weitgehend wieder normalisiert. Die Regierung hatte nach blutigen Anti–US–Demonstrationen den Notstand ausgerufen und die Verfassung teilweise außer Kraft gesetzt. Für zunächst 15 Tage wurden Grundrechte wie die Reise– und Demonstrationsfreiheit eingeschränkt. Gleichzeitig trieben Polizei und Militär am Freitag mit Tränengas Tausende von Demonstranten auseinander, die gegen den US–Einfluß in Honduras protestierten. Am Tag zuvor hatte es fünf Tote bei einer Demonstration vor der US–Botschaft in der Hauptstadt Tegucigalpa gegeben. Nach Angaben der Polizei gab es keine neuen Zwischenfälle, auch wurde ein Teil der am Donnerstag aufgefahrenen Panzerwagen inzwischen abgezogen. Die meisten Geschäfte und Restaurants hatten wieder geöffnet. Die Rundfunkanstalten, nach Beginn der Straßenproteste von der Regierung gleichgeschaltet, durften ab gestern wieder normales Pro gramm bringen. Die Unruhen hatten sich an der laut Verfassung unzulässigen Auslieferung des mutmaßlichen Rauschgiftkönigs Matta an die USA entzündet. Matta, den die US–Behörden als einen der „schlimmsten Drogen händler der Welt“ bezeichnen, war nach honduranischen Angaben am Dienstag in Tegucigalpa von etwa 100 Spezialagenten ergriffen und ohne Gerichtsverfahren in die USA abgeschoben worden. Nach Angaben seines Rechtsanwalts sind Matta bei seiner Ergreifung durch die US–Sicherheitsbehörden mit einem Elektrogerät, das normalerweise für Brandzeichen von Rindvieh verwendet wird, Brandmale beigebracht worden. Sein Rechtsanwalt Stolar erklärte am Samstag, Matta seien die Brandmale am Dienstag während einer 90minütigen Fahrt zu einem US–Luftwaffenstützpunkt in Honduras sowie auf dem Flug in die USA beigebracht worden. Stolar sagte, er habe „mindestens 27 Brandmale auf Mattas Rücken sowie eine große Verbrennung auf seinem rechten Arm“ gezählt, als er seinen Mandanten im Hochsicherheitsgefängnis Marion in Illinois besucht habe. Ein Gefängnisaufseher wollte nicht Stellung nehmen. Ein Sprecher der Ermittlungsbehörde für Rauschgiftdelikte DEA in Washington sagte, er habe nicht die leiseste Ahnung von solchen angeblichen Vorgängen. Der 43jährige Matta war 1971 aus einem Gefängnis im US–Bundesstaat Florida entkommen, in dem er zwei Jahre einer dreijährigen Freiheitsstrafe für illegale Einreise ohne Paß in die USA verbüßt hatte. Er wird in den USA beschuldigt, zu dem nach der kolumbianischen Stadt benannten Medellin–Rauschgiftsyndikat zu gehören. Er war 1986 in Cartagena verhaftet worden, flüchtete aber nach wenigen Monaten aus dem Gefängnis Modelo in Bogota.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen