: Rechtsradikale unter peronistischem Mantel
■ Eine kleine neonazistische Gruppe mit Namen „Alerta Nacional“ könnte für Argentinien gefährlich werden / Zwei Anführer verhaftet Bomben– und Morddrohungen im Programm / Querverbindungen sowohl zur Peronistischen Partei als auch zu putschenden Militärs
Aus Buenos Aires Hendrik Groth
In Buenos Aires sind vorgestern die Führer der rechtsradikalen „Alerta Nacional“, Alejandro Biondini und Enrique Barrios verhaftet worden. Die argentinische „Alerta Nacional“ ist eine kleine neonazistische und antisemitische Organisation, die neben ihren Vorbildern Hitler, Mussolini und Peron auch den libyschen Revolutionsführer Ghaddafi sowie Ayatollah Khomeini verehrt. Würden dieser Gruppe nicht Erpressung, Verbindungen zu Bombenattentaten und Mordversuche vorgeworfen, so könnte man ihr durchaus folkloristischen Charakter mit psychopathischem Einschlag attestieren. Beispielsweise traf man sich bis vor kurzem treu nach NSDAP–Vorbild in einer Bierkneipe namens „München“. Pressechef Alberto Echeverria kämmt sich die Haare wie Hitler und trägt einen kleinen Schnurrbart. Ernst wird es jedoch, wenn sich Verbindungen zu den Peronisten herauskristallisieren, denen bei der Präsidentenwahl im Mai 1989 Chancen zum Wahlsieg vorausgesagt werden. Anlaß der Verhaftung der zwei Rechtsradikalen war eine Äußerung Biondinis in einem Radiointerview, für jeden Toten der „Alerta“ fünf Jungradikale (Jugendorganisation der regierenden Radikalen Partei) umzubringen. Mit dem Schlagwort „Fünf für einen“ hatte auch General Peron 1955 seinen Gegnern gedroht. Mit Perons Maxime reagierte der Führer der „Alerta“ auf den Tod des „Alerta“–Mitglieds Louis Vera, der bei einer Schießerei mit der Polizei getötet worden war. Vera hatte versucht, sich seiner Verhaftung mit dem Wurf einer Handgranate zu entziehen. Im Rahmen von Ermittlungen über drei Bombenattentate auf Kinos im Stadtkern von Buenos Aires in der Osterwoche war die Polizei auf den Malvinen–Veteranen gestoßen. Obwohl sich alle Flügel der Peronisten von den Rechtsradikalen distanzieren, sind einige Fakten unumstößlich. Biondini hatte noch 1987 als „Nationalkoordinator der peronistischen Jugend“ fungiert. Fast alle „Aler ta“–Mitglieder gehören der Peronistischen Partei an, und die von der Partei angekündigten Ordnungsverfahren bedeuten keineswegs Parteiausschluß. Querverbindungen existieren auch zu Teilen des Militärs. Für die Träger von braunen Hemden mit Abzeichen am linken Arm ist der ehemalige Oberstleutnant Aldo Rico, der zwei militärische Meutereien anzettelte, ein Held. Auch dürften sie in Verbindung mit Offizieren stehen, die nach dem Zusammenbruch der Rebellion Ricos im Untergrund leben. In Argentinien lautet die Frage nun, wie die Regierung Alfonsin gegen diese kleine, aber gefährliche Gruppe vorgeht. Listen mit möglichen Attentatsopfern sind bereits aufgetaucht.
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