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Späths Handlanger–Kabinett

■ Badenwürttembergs Landesfürst hat sein neues altes Kabinett fertig / Nur für Kunst und Kultur gibts jetzt einen Staatsrat

Aus Stuttgart Dietrich Willier

Wenn heute einer 50 wird, als Politiker, wirds Zeit, daß er sich ein Denkmal setzt. Lothar Späth, baden–württembergischer Ministerpräsident, hat vor einem Monat die Landtagswahl gewonnen. Knapp, aber immerhin. Jetzt steht sein Kabinett. Eine Staatssekretärin und zwei Sekretäre sind dazugekommen, sonst hat sich nichts geändert. Das war auch gar nicht nötig. Die wichtigen Dinge, egal in welchem Ressort, macht der Landesfürst allein. Schulminister Mayer–Vorfelder darf also weiter aufrechte Lehrer drangsalieren, darf „Chaoten“ schlimmer noch als die SA empfinden. Mit Rücksicht auf die erstarkte Rechte im Land, wird Innenminister Dietmar Schlee Asylbewerber und ausländische Mitbürger auch weiterhin mit immer restriktiveren Verordnungen schikanieren dürfen. Der obrigkeitsstaatliche Mief aus dem Justizressort bleibt Baden–Württemberg erhalten, die Sozialministerin bleibt fürs Alibi. Eine Überraschung aber, aus der Mottenkiste der Verfassung hervorgezaubert, hat es doch gegeben. Auf einem Terrain nämlich tut Späth sich schwer: der Kulturpolitik. Späth, daran gewöhnt, daß alles, was erwünscht auch machbar ist, hat zu Kultur und Kunst ein Verhältnis wie der Aktionär zur Börse. Alles, was teuer ist und den Kurswert hält, muß gut sein und wird gekauft. Beispiel eins: die Stuttgarter Staatsgalerie. Geplant und gebaut vom Londoner Stararchitekten James Stirling, empfinden Fans sie als reifen Beitrag zur Postmoderne, Kritiker dagegen als tendenziell postfaschistisch. 90 Millionen hat der Bau gekostet. Beispiel zwei: die Staatsoper. Über Geschmack läßt sich ja streiten. Darüber aber, ob eine Restaurierung, ob Stuck in Silberbronze, Lüster, Königsloge und dünnschißfarbenes Gestühl 100 Millionen kosten müssen, wohl kaum. Das Stuttgarter Ballett jedenfalls war schon vor Späth bekannt. Weitere Beispiele stehen da nicht nach. Neben Schloß Solitude und Späths Dienstvilla soll eine kleine Villa Massimo entstehen, im Zentrum der Stadt, neben dem Haus der Abgeordneten eine Akademie für Theater und Musik. Für eine großzügig angelegte Kultur– und Regierungsmeile empfahl ein internationales Architecktensymposium, den Verkehr eines Teils der Innenstadt ganz in den Untergrund zu verlegen. Die Kosten sind unüberschaubar. Um jetzt seine schmalen Schultern zu entlasten, ohne auf das eigene Denkmal zu verzichten, hat sich Lothar Späth für sein neues Kabinett einen Staatsrat im Kabinettrang, aber ohne Portefeuille angeschafft. Wolfgang Gönnewein, Generalintendant der Stuttgarter Staatstheater, Operndirektor, Dirigent, Leiter der Ludwigsburger Schloßfestspiele und schon bisher Späths engster Berater in kulturellen Fragen. Der ist nicht nur ein vielbeschäftigter Mann, sondern auch ein beinharter Traditionalist. Ehrenamtlich soll er sich jetzt um das „Kunstland Baden–Württemberg“ bemühen. Weniger traditionsbeflissenen oder gar unbotmäßigen Kulturschaffenden im Land schwant da nichts Gutes. Manch einer befürchtet jetzt die landesweite Restauration von Seifenopern - und hofft, Späths Traum bliebe einer. Der letzte Staatsrat übrigens, den sich eine baden–württembergische Regierung hielt, war der furchtbare Marinerichter Hans Filbinger.

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