: „Nie wieder Mißbrauch dulden oder fördern“
■ Offener Brief der Grünen im Bundestag an den neuen Ministerpräsidenten von Schleswig–Holstein (Auszüge)
Sehr geehrter Björn Engholm, Mit großem Interesse haben wir zur Kenntnis genommen, daß Sie gestern angekündigt haben, die Arbeit des U–Boot–Untersuchungsausschusses zu unterstützen. (...) Wir schreiben Ihnen, um Ihnen Vorschläge für notwendige Schritte der schleswig–holsteinischen Landesregierung zu machen (Schleswig–Holstein hält 25,1 Prozent der Anteile bei HDW; die Bundesregierung 74,9 Prozent, d. Red.) (...) Wir befürchten, daß sich Südafrika gegenwärtig mit Hilfe der von HDW und IKL gelieferten Pläne anschickt, in Durban (Südafrika) U–Boote zu bauen. Wir haben den dringenden Verdacht, daß beide Firmen den Südafrikanern hierbei angeblich helfen, obwohl die Zusammenarbeit nach offizieller Lesart (...) im Sommer 1985 beendet wurde.(...) Wir möchten Sie auffordern, durch ein entschiedenes Eingreifen der Landesregierung den Versuch zu unternehmen, Südafrika am Bau der U–Boote vielleicht doch noch zu hindern. Nach den bisherigen Plänen ist die Fertigstellung des ersten U–Boots für das Jahr 1992 vorgesehen. (...) Kurz vor der Wahl haben der HDW–Vorstand sowie der Aufsichtsratsvorsitzende Ernst Pieper versucht, in letzter Minute die Wahl zu beeinflussen (“SPD gefährdet Arbeitsplätze“) (...) Wir haben Sie im Wahlkampf so verstanden, daß Sie nie wieder Zustände dulden oder fördern wollen, die dazu führen, daß staatliche, politische oder wirtschaftliche Macht mißbraucht wird. Wir befürchten, daß die Einflußnahme auf den HDW–Betriebsrat und die SPD–Vertreter im U–Boot–Ausschuß nur die Spitze eines Eisbergs darstellt. Konkret fordern wir die neue Landesregierung zu folgenden Schritten auf: - HDW soll seine kompletten Akten freiwillig an den Untersuchungsausschuß herausgeben (...) - Die SH–Vertreter im Aufsichtsrat (also Ihr zukünftiger Wirtschaftsminister und Finanzstaatssekretär) sollen darauf drängen, daß jegliche Zusammenarbeit von HDW mit Südafrika (...) eingestellt wird. - Die neue Landesregierung legt schonungslos alle bisher der Öffentlichkeit verschwiegenen Details der illegalen Rüstungskooperation (...) offen. - Der von HDW und IKL mit Südafrika geschlossene Vertrag vom 15.6.84 wird einseitig gekündigt und rückabgewickelt; die von HDW erhaltenen Gelder werden nicht an Südafrika zurückgezahlt, sie werden vielmehr anteilig Anti–Apartheid–Gruppen in Südafrika zur Verfügung gestellt sowie für ein ziviles Rüstungskonversionsprogramm bei HDW verwendet (...). - Das Wirtschaftsministerium Schleswig–Holstein prüft den Abschlußbericht der OFD vom 12.1.1988 und zieht seine Zustimmung zurück, falls sich der Verdacht erhärtet, daß die OFD–Beamten voreingenommen ermittelt haben (...). - Das Justizministerium läßt sich die Akten der Staatsanwaltschaft Kiel kommen und prüft, ob die bisherige Weigerung der Staatsanwaltschaft, Ermittlungen einzuleiten, auf Recht und Gesetz beruht (...). - Die Landesregierung stellt dem U– Boot–Ausschuß ihre Akten zur Verfügung (...); die in die U–Boot–Affäre verwickelten Staatsbeamten des Landes SLH erhalten die Aussagegenehmigung für den U–Boot–Untersuchungsausschuß. Ursula Eid, Angelika Beer
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen