Voscheraus erste Bauchlandung

■ Hamburg: Schwere Koalitionskrise nach Umstrukturierung des Senates / FDP wehrt sich gegen Innensenator von Schoeler und droht mit Bruch / Genscher und Haussmann drängen Elbe-Liberale, die Koalition zu sichern

Voscheraus erste Bauchlandung

Hamburg: Schwere Koalitionskrise nach Umstrukturierung des

Senates / FDP wehrt sich gegen Innensenator von Schoeler und droht mit Bruch / Genscher und Haussmann drängen Elbe

-Liberale, die Koalition zu sichern

Aus Hamburg Axel Kintzinger

Henning Voscherau ist noch nicht einmal von seiner Partei zum Bürgermeisterkandidaten nominiert worden, da fiel Hamburgs Regierungschef in spe bereits auf den Bauch. Mit seinem Vorhaben, die Landesregierung nicht nur zu großen Teilen umzubauen, sondern einen ehemaligen FDP-Politker zum Innensenator zu küren, stieß er auf erbitterten Widerstand des kleinen Koalitionspartners. Gestern nachmittag zog Voscherau sein Personalpaket zurück. „Infolge der Weigerung der FDP, koalitionstreu ihre Stimme für die Wahl jeder von der SPD nominierten Persönlichkeit abzugeben, habe ich von der Vorstellung meines Gesamtvorschlages absehen müssen.“

Von Schoeler war bis zur Bonner Wende Staatssekretär im Außenministerium - und Mitglied der FDP. Die Hamburger Freidemokraten versichern, sich nicht am Parteiwechsel von Schoelers zu stören. Allerdings sei die Art ein derartiger Affront gewesen, daß die Hamburger FDP seiner Person kein Interesse entgegenbringe könne. Der Hintergrund: Von Schoeler hatte die Wende 1982 mitgetragen und sich kurz danach in ein hohes Parteiamt wählen lassen, um dann schlagzeilenträchtig das Parteibuch zu wechseln.

Ein weiterer Grund für den Koalitionskrach ist, daß Voscherau den Senat um eine Stelle aufstocken möchte. Die Leitstelle zur Gleichberechtigung der Frau soll aufgewertet und mit der Zuständigkeit für die Ressorts Jugend und Familie versehen zum Senatorenamt erklärt werden. Dies wäre ein 13. Regierungsamt, und das ist in der Koalitionsvereinbarung nicht vorgesehen. Für weitere Aufsehen sorgte Voscheraus Vorhaben, den Senat grundlegend umzustrukturieren. Die Gesundheisbehörde soll aufgelöst und Senatorin Christine Maring in die Wüste geschickt werden. Für Finanzsenatorin Elisabeth Kiausch wurde ein neues Amt geschaffen. Sie soll als Chefin der Senatskanzlei die Machtkonzentration des Bürgermeisterzimmers stärken - und das ebenfalls im Senatorenrang. Ihr Nachfolger soll Hans -Jürgen Krupp heißen, bislang Wirtschaftswissenschaftler am Berliner Institut der Deutschen Wirtschaft. Wegen des Koalitionsstreites hatte Krupp von einer Zusage Abstand genommen.

Als Sozialsenator vorgesehen ist Hamburgs SPD-Chef Ortwin Runde. Er folgt dem zurückgetretenen Jan Ehlers, der als SPD -Linker mit einer gehörigen Portion 'Standing‘ innerhalb der Partei von der SPD-Spitze aus Druck auf den zum rechten Lager zählenden Voscherau ausüben will. Als Nachfolger des abgedankten Alfons Pawelczyk soll künftig der frühere Finanzsenator Horst Gobrecht die Hansestadt in Bonn vertreten.

Voscheraus Vorhaben wird im Hamburger Rathaus als Machtprobe gegenüber der FDP gewertet. Grünes Licht für die Austragung des Konflikts gab die Bonner FDP-Spitze ihren Hamburger Parteifreunden. Generalsekretär Haussmann und Bundesaußenminister Genscher drängten die Elbe-Liberalen nach Informationen der taz jedoch darauf, den Fortbestand des Modells „sozialliberale Koalition“ zu sichern. Die Situation muß spätestens bis Freitag abend geklärt sein, denn dann will ein Sonderparteitag der SPD Henning Voscherau als Bürgermeister-Kandidaten (gewählt werden soll er am achten Juni von der Bürgerschaft) nomieren und ihn mit einer Weisungsbefugnis ausstatten, über die bisher noch kein Bürgermeister der Stadt verfügte.