piwik no script img

RAF-Fahndung in Spanien auf Hochtouren

Übereilte Flucht nach Sprengstoffdetonation spielte den Fahndungsbehörden umfangreiches Erkenntnismaterial in die Hände  ■  Von T.Meyer/M. Kniesburges

Sevilla (taz) - Die Großfahndung der spanischen Sicherheitsbehörden in Sevilla und verschiedenen südspanischen Provinzen nach drei mutmaßlichen RAF -Mitgliedern hat bislang zu keinem Ergebnis geführt.

Die spanischen Behörden verfügen jedoch offenbar über umfangreiches Material über die Identität der drei Gesuchten.

Die drei Personen, laut Behörden zwei Männer und eine Frau im Alter von 25 bis 30 Jahren, waren am Freitag abend in der Nähe der US-Militärbasis in Rota nahe Cadiz beim Hantieren mit Sprengstoff entdeckt worden.

Nach einer Detonation am Strand, die möglicherweise beim Zusammensetzen des Zeitzünders entstand, wurde die Polizei von einem anonymen Anrufer alarmiert. Als die Polizei die drei Personen am Strand überprüfen wollte, flüchteten sie nach einem kurzen Schußwechsel mit der Polizei, der jedoch zu keinen Verletzungen führte.

Einer der drei Flüchtenden ließ seinen Rucksack zurück, in dem die Polizei 16 Kilogramm Sprengstoff, Handgranaten, Zünder und Nägel fand. Mit vorgehaltener Pistole zwangen die drei ein britisches Ehepaar, sie in ihrem Lieferwagen nach Sevilla zu bringen, wo sie Freitag nacht untertauchen konnten.

Trotz einer Großfahndung in Sevilla und den umliegenden Regionen mit Straßensperren, Hotel- und Wohnungsüberprüfungen, insbesondere in Sevilla, wurde die Polizei bislang nicht fündig.

Die spanischen Sicherheitsbehörden verfügen nach eigenen Angaben jedoch über zahlreiche Hinweise, nach denen es sich bei den drei Entkommenen um Mitglieder der RAF handelt. Es wird davon ausgegangen, daß sie für den Zeitpunkt, für den sich eine hohe NATO-Delegation, darunter der Leiter des NATO -Verteidigungsstabes, Michael Bel, auf der US-Basis in Rota angekündigt hatte, einen Anschlag mit einer Autobombe planten.

Die unvorbereitete Flucht der drei hat den Behörden offenbar umfangreiches Material in die Hände gespielt. So wollen sich die drei nach Erkenntnissen der spanischen Behörden etwa zwei Wochen lang auf einem Campingplatz in der Nähe der US-Basis Rota aufgehalten haben. Dort hat die Polizei verschiedene Spuren gefunden, unter anderem war ein Wehrpaß der Bundeswehr, ausgestellt auf den Namen S. W. Brever, zurückgelassen worden.

Hinweise auf mögliche Aktivitäten der RAF in Spanien hatten die spanischen Fahndungsbehörden nach eigenen Angaben bereits vor zwei Wochen erhalten, als sie eine Großfahndung nach dem Großindustriellen Emiliano Revilla in Madrid durchführten, der seit circa 120 Tagen von der ETA gefangen gehalten wird.

Die bislang erfolglose Fahndung nach den dreien läuft auf Hochtouren. Nach Erkenntnissen der spanischen Behörden konnten sie offenbar auf Unterstützung von Sympathisanten in Sevilla zurückgreifen.

Die andalusische Provinzregierung erklärte, daß zum gegenwärtigen Zeitpunkt aus fahndungstaktischen Gründen keine weiteren öffentlichen Erklärungen abgegeben werden können. Sie kündigte jedoch an, daß in Kürze die Auswertung der Spurensicherung bekanntgegeben werde.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen