Rocards neue Regierung steht

Nur die Hälfte der französischen Kabinetts-Mitglieder sind Sozialisten / Insgesamt wurden zwölf neue Ministerien geschaffen / Unter anderem wurde auch ein Behinderten-Ministerium gebildet  ■  Aus Paris Georg Blume

Bei der allwöchentlichen Sitzung des französischen Minsterrats am Mittwoch hat Premierminister Michel Rocard gestern seine neue, vorerst endgültig insgesamt 48köpfige Regierungsmannschaft vorgestellt. Durch die Einrichtung zwölf neuer Ministerien setzt sich die französische Regierung entsprechend dem Wunsch von Staatspräsident Mitterrand zum ersten Mal in der Fünften Republik nur noch zur Hälfte aus Mitgliedern der Partei von Staatspräsidenten und Premierminister, der sozialistischen Partei, zusammen. Die Regierungsumbildung fand erwartungsgemäß statt, da man Rocards erste Ministerriege, die noch vor den Parlamentswahlen die Ämter besetzte, zunächst als Übergangsregierung betrachtete. Die wichtigsten Minister wurden in ihren Ämtern bestätigt.

Wichtigste Neubesetzung in der Regierung ist die Berufung von Jean-Pierre Soisson aus dem Lager der Opposition ins Arbeitsministerium. Soisson war bereits unter Giscard Regierungsmitglied und gilt als Vertrauter des ehemaligen Premierministers Raymond Barre. Er besetzt ein Ministerium, das naturgemäß den Sozialisten zuzustehen schien, da das Amt noch 1981 für die wichtigsten sozialistischen Sozialreformen verantwortlich war.

Darüber hinaus jedoch bleiben die machtpolitischen Schaltstellen des Landes, wie etwa Wirtschafts- und Finanz-, Außen- und Verteidigungsministerium fest in sozialistischer Hand. Neue Minister berief Rocard vor allem für untergeordnete Ämter. Dabei legte er Wert darauf, der Parteipolitik fernstehende Persönlichkeiten für die Regierung zu gewinnen. Der berühmte Krebsspezialist Leon Schwarzenberg stieg ins Gesundheitsministerium auf. Ebenso scheute sich Rocard nicht, den an den Rollstuhl gebundenen Geschäftsmann Michel Gillibert in das eigens für ihn geschaffene Behinderten-Ministerium zu berufen. Dem Premierminister ist nach der Regierungsumbildung die Sache nicht leichter gemacht: Es liegt nun an ihm, aus dem heterogenen Ministergemisch, das ihm Mitterrand verordnete, eine geschlossene Regierungsmannschaft zu formen. In seiner Regierungserklärung sagte Rocard vor der Nationalversammlung, die Wähler wollten nicht, daß eine Regierung immer nur eine Hälfte des Landes vertritt.