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Richter erlaubt CS-Gas im „Bürgerkrieg um WAA“

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof stellt fest: Der Einsatz von CS-Gas am WAA-Bauzaun war vertretbar und nicht unverhältnismäßig / Die Polizei soll sich in „bürgerkriegsähnlichen Auseinandersetzungen“ befunden haben / CS nur im „Krieg zwischen Staaten“ verboten  ■  Von Wolfgang Gast

Berlin (taz) - Der Einsatz des völkerrechtlich geächteten Kampfgases am Ostermontag 1986 am Bauzaun der WAA ist „vertretbar und nicht unverhältnismäßig“ gewesen. Dies entschied in der juristischen Auseinandersetzung um den ersten Großeinsatz des „Reizstoffes CS“ der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (VGH) in München.

In der jetzt vorliegenden schriftlichen Urteilsbegründung führten die drei Richter des 21. Senats beim VGH aus, der Einsatz des CS-Gases sei zulässig gewesen und habe „der Abwendung strafbarer Handlungen gedient“. Den Einsatzkräften der Polizei wären keine anderen Mittel verblieben. So hätte der offensive Einsatz von Greifkommandos „mit Sicherheit zu gewalttätigen Auseinandersetzungen von Mann zu Mann mit den Militanten geführt, bei denen unter Umständen die Polizei zur Schußwaffe hätte greifen müssen“. In der Folge hätte es dann unter Umständen nicht nur bei militanten WAA -GegnerInnen, sondern auch „bei friedlichen Zaungästen Schwerverletzte oder Tote geben können“.

Das Verfahren war in Gang gekommen, als nach dem erstmaligen Einsatz von CS mehrere verletzte DemonstrantInnen vor dem Regensburger Verwaltungsgericht gegen die Rechtmäßigkeit des Einsatzes klagten. Dabei ging es weniger um eine grundsätzliche Beurteilung des Reizgases „CS“ - Bayern und Baden-Würtemberg haben als erste Bundesländer ihre Polizeieinheiten mit dem umstrittenen Kampfstoff ausgerüstet -; die rechtliche Würdigung des Einsatzes drehte sich vielmehr um die Frage, ob die WAA -GegnerInnen, die aus einer Entfernung von etwa 500 Metern die militanten Auseinandersetzungen am Bauzaun der WAA verfolgten, von der Polizei korrekt und verständlich zum Verlassen des Platzes aufgefordert worden waren. In der ersten Entscheidung urteilte das Regenburger Verwaltungsgericht bei sechs KlägerInnen, daß der Einsatz gegen geltende Vorschriften verstoßen habe. Im Fall eines Demonstranten, der sich in einer Menschenkette unmittelbar am Bauzaun eingereiht hatte, entschied die Regensburger Kammmer dagegen, der Kläger hätte wissen müssen, daß er in die Abwehrmaßnahmen der Polizei zwangsläufig einbezogen werde. Das Verfahren endete im Juli 1987 mit einem Vergleich, nach dem der Freistaat einen Teil der Prozeßkosten und der Auslagen der Kläger übernahm. In dem Vergleich bedauerten die Vertreter des Bayerischen Innenministeriums, „daß die Abwehr von Gewalttätigkeiten durch Wasserwerfereinsatz mit CN/CS-Reizstoffzugabe und CN/CS-Wurfkörper die friedlichen Kläger körperlich beeinträchtigte“. Nur wenige Tage später wurde mit Schreiben aus dem Bayerischen Innenministerium diese Stellungnahme der Beauftragten vor Gericht korrigiert und die Berufung beim Bayerischen VGH angekündigt.

In der Berufungsverhandlung gelangten so die Klagen eines 31jährigen Agraringenieurs und einer 44jährigen technischen Assistentin vor den VGH. In der Begründung der drei Richter des 21. Senats heißt es jetzt weiter, auch die völkerrechtliche Ächtung von „CS“ stelle kein Hindernis für dessen Einsatz dar. Zum einen soll die Konzentration des Giftes, das unter anderem von amerikanischen Streitkräften in Vietnam gegen die unterirdischen Anlagen des Vietkong eingesetzt wurde, in der verwendeten Dosis „nur kurzfristige und keinesfalls schwerwiegende gesundheitliche Schäden zur Folge haben“. Zum anderen soll das Verbot des Einsatzes von Giftgasen gemäß dem Zusatzprotokoll zur Genfer Konvention vom 17. Juni 1925 nur den „Einsatz zwischen Staaten“ betreffen. Es berühre daher nicht „den innerstaatlichen Einsatz solcher Stoffe durch die Polizei bei bürgerkriegsähnlichen Auseinandersetzungen“. Die Klage der technischen Assistentin, daß sie seit dem CS-Einsatz unter einer Allergie leide - bei körperlicher Anstrengung treten bei ihr am ganzen Körper rote Bläschen auf - wertet der Gerichtshof als „verhältnismäßig geringfügigen Dauerschaden, der möglicherweise auf eine besondere Disposition zurückzuführen ist“.

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