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Etappensieg

Das Urteil im „Gynäkologen-Prozeß“  ■ K O M M E N T A R

Der Freispruch für die Studentin, die von dem Gynäkologen Lemtis angeklagt worden war, weil sie seine sexuellen Belästigungen öffentlich gemacht hatte, ist zweifellos ein Sieg. Die FU ist jetzt offiziell per Gerichtsbeschluß davon in Kenntnis gesetzt, daß an dieser hehren Stätte des reinen Geistes Studentinnen von Professoren sexuell belästigt werden. Dieser „Peinlichkeit“ auszuweichen, dürfte der FU jetzt nicht mehr so leicht fallen wie bisher.

Trotzdem ist das Problem auch nach diesem Urteil in keiner Weise gelöst. Im Grunde geht die Auseinandersetzung an der Universität darüber nun erst richtig los. Jetzt geht es für Frauen darum, endlich eine Anlaufstelle für all diejenigen zu schaffen, die sexuell verfolgt und belästigt werden. Innerhalb der Instanzen der Universität müssen Belästiger zur Rechenschaft gezogen werden. Denn der Gang zu einem Gericht ist für die meisten Frauen viel zu belastend und außerdem meistens nicht erfolgreich. Im Moment richten sich alle Hoffnungen der Frauen an der FU auf die zukünftige Frauenbeauftragte. Aber ohne Druck und Unterstützung der Studentinnen und Angestellten wird auch sie gegen den herrschenden ignoranten Block in dieser Frage an der FU -Spitze nichts ausrichten können.

Erst wenn viele Frauen - so viele, wie es tatsächlich sind

-öffentlich machen, daß sie mit sexueller Belästigung verfolgt werden, wird die FU-Leitung kapieren, daß der Ruf dieser Universität auf dem Spiel steht. Wenn Frauen das Image der FU kräftig ramponieren, wird die FU-Leitung gezwungen sein, die Vogel-Strauß-Taktik endlich aufzugeben. Und Präsident Heckelmann wird - um sein Gesicht nicht zu verlieren - handeln müssen.

Gunhild Schöller

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