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Militär zählt keine Toten

Kettenfahrzeug der Bundeswehr überrollte Autofahrerin: 23jährige war sofort tot / Bonner Verteidigungs-Ministerium hält Unfallstatistiken zurück  ■  Von Caroline Schmidt-Gross

Berlin (taz) - Die Militärmaschinerie der Bundesrepublik hat mitten im Frieden wieder eine Tote gefordert. Ein gepanzerter Mannschaftstransporter überrollte am Donnerstag im Landkreis Schwandorf in der Oberpfalz einen Opel. Die 23jährige Fahrerin war sofort tot. Statistiken über die Zahl von Unfällen dieser Art werden in Bonn wie ein Staatsgeheimnis behandelt.

Nach Angaben der Polizei in Oberviechbach ereignete sich der Unfall am hellen Tage auf der wenig befahrenen Bundesstraße 22 außerhalb einer Ortschaft. Der gepanzerte Mannschaftstransporter, ein 11,8 Tonnen schweres Kettenfahrzeug, scherte diesen Angaben zufolge in einer leichten Linkskurve auf die Gegenfahrbahn aus und überrollte den entgegenkommenden Personenwagen. Die Unfallursache war zunächst ungeklärt. Nach Aussagen der Polizei saßen zwei Fahrlehrer der Bundeswehr in dem Kettenfahrzeug und befanden sich auf einer sogenannten Einweisungsfahrt. Der Polizeisprecher wollte nicht ausschließen, daß der Fahrer bei dieser Art Weiterbildung das erste Mal am Steuer dieses gepanzerten Mannschaftstransporters saß. Das Fahrzeug wurde auf Veranlassung der Staatsanwalt Fortsetzung auf Seite 2

schaft Amberg beschlagnahmt und in der Grenzlandkaserne Oberviechbach sichergestellt. Dort sind auch die beiden Fahrlehrer stationiert. Der 11,8-Tonner sollte einer technischen Prüfung unterzogen werden. Die Fahrlehrer waren am Freitag vernehmungsunfähig, da sie nach dem Unfall unter Schock standen. Außer den Beteiligten gibt es angeblich keine Zeugen.

Plattgewalzte Autos, zerbeulte Panzerfahrzeuge, tote Zivilisten und verletzte Soldaten als Folge von Unfällen mit Militärfahrzeugen sind keine Seltenheit. Nur genaue Zahlen über die Häufigkeit dieser Unfälle gibt das Verteidigungsministerium nicht heraus. Beim Bundeswehrverwaltungsamt in Bad Godesberg erfährt die taz, auf der Suche nach aktuellen Zahlen, daß man dort nur auf Weisung des Verteidigungsministeriums Auskunft geben dürfe. Der Pressesprecher Wolf Poulet im Verteidigungsministerium sagt dagegen, es würden keine laufenden Statistiken über Militärunfälle geführt - schließlich passierten ständig Unfälle.

1986 stellten die Grünen im Bundestag zu diesem Thema eine Anfrage. Die Antwort hieß damals: „Die Bundesregierung beklagt Unfälle mit Körperverletzung oder Todesfolge bei Manövern ganz besonders und unternimmt alles, um diese zu verhindern. Statistiken werden darüber nicht geführt.“

Im gleichen Jahr veröffentlichte der 'Stern‘ Zahlen aus einem „Geheimpapier“ des Bundeswehrverwaltungsamtes, das zumindest Statistiken über Kfz-Unfälle bei der Bundeswehr führt. Danach krachte es 1982 bei Manövern oder Übungen 1.437 mal, 389 Verletzte waren die Folge, davon 139 Zivilisten.

Olaf Achilles von der „Arbeits- und Forschungsstelle Militär, Ökologie und Planung zur kommunalen Friedensforschung“ (MÖB) stellt in diesem Zusammenhang fest, daß Bundesregierung und Verteidigungsministerium bis heute Zahlen über Unfälle mit Militärfahrzeugen geradezu verheimlichen. „Oder die kennen sich im eigenen Haus nicht aus.“

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