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Das erste AKW wird geschleift

Regensburger Gericht erlaubte Abriß des Atommeilers Niederaichbach / Kläger wollte die bei einem Abriß freiwerdende zusätzliche Radioaktivität verhindern / Richter zur Begründung: Internationale Konkurrenzfähigkeit der Abbruchfirmen muß gesichert werden  ■  Von Karaman und Rosenkranz

Regensburg/Berlin (taz) - Der 100-Megawatt-Atomreaktor Niederaichbach bei Landshut, eine der größten Pleiten der deutschen Atomindustrie, darf als erstes AKW in Europa abgerissen werden. Das Verwaltungsgericht Regensburg hat am Montag die Klage eines Regensburgers gegen den Abriß abgewiesen. Der Kläger befürchtet eine mit dem Abriß einhergehende zusätzliche radioaktive Strahlung. Der Reaktor war 1972 in Betrieb gegangen und 1974 nach nur 18 Vollbetrieb-Tagen endgültig stillgelegt worden. Jetzt soll das Schrott-AKW für 165 Millionen Mark - 90 Millionen davon tragen die SteuerzahlerInnen - von den Würzbürger Firmen Noell und NIS abgerissen werden.

Die Klage gegen die Demontage hielten die Regensburger Richter wegen der möglichen Gefährdung durch die beim Abriß freiwerdende Radioaktivität zwar für zulässig. Da der Grenzwert von 30 mrem jedoch trotz Tschernobyl, OHU 1 und 2 eingehalten werde, sei die Klage abzuweisen. Bemerkenswert dabei ist, daß nach Auffassung des Gerichts für die Berechnung der Strahlenbelastung die radiologische Vorbelastung sowohl aus dem Normalbetrieb als auch aus Störfällen in- und ausländischer Atomanlagen berücksichtigt werden muß. Vom Kläger vorgelegte neuere Untersuchungen zur schädlichen Wirkung radioaktiver Niedrigstrahlung berücksichtigte das Gericht nicht. Auch das allgemein geltende Gebot zur Minimierung der Strahlenbelastung wollten die Richter zwar für die Allgemeinheit, nicht aber für eine bestimmte Person angewandt wissen. Für die Radioaktivität, die möglicherweise bei der Sprengung der Reaktorhülle freiwerde, setzten sie sogar die über 100 mal höheren Störfallwerte der Strahlenschutzverordnung an; auch die würden aber eingehalten. Der Münchner Fortsetzung auf Seite 2

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Kläger-Anwalt Dr.Peter Merk hatte dagegen geltend gemacht, daß nur bei Kraftwerken, die einen Nutzen hätten, also Strom produzierten, überhaupt eine Strahlenbelastung hinzunehmen sei.

Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage wurde vom Gericht ebenfalls abgelehnt. Zur Begründung führten die Richter die mangelnde Erfolgsaussicht der Klage an sowie das private Interesse der Abrißfirmen, durch einen baldigen Abriß Vorteile im internationalen Wettbewerb zu gewinnen.

Die Grünen im Bundestag und im bayerischen Landtag übten scharfe Kritik an dieser Begünstigung von Privatfirmen, die das Gericht offensichtlich höher einschätze als das Recht auf Leben und Gesundheit des betroffenen Klägers. Rechtsanwalt Merk erklärte, sein Mandant werde „mit hoher Wahrscheinlichkeit“ in die Berufung gehen. Das Urteil des Verwaltungsgerichts, das ihm allerdings nur in Kurzfassung vorliege, sei „widersprüchlich“ und biete „Ansatzpunkte“ für eine erfolgreiche Berufung. Das Landshuter „Bürgerforum gegen Atomkraftwerke“, das den Kläger bisher finanziell unterstützt hat, gab sich in einer ersten Stellungnahme bedeutend vorsichtiger: Man sei „eher skeptisch“, sagte der Vorsitzende Taeuffenbach.

Das Urteil in diesem noch anhängigen Verfahren wird in ein bis zwei Monaten erwartet.

Die Atomindustrie verkauft den geplanten Abriß in Niederaichbach seit Jahren als Generalprobe für die Stillegung weiterer kommerzieller AKWs. Das Radioaktivitätsinventar des Pleitekraftwerks beläuft sich jedoch aufgrund der geringen Laufzeit auf lediglich 2.000 Curie (eine Curie entspricht 37 Milliarden Becquerell) eine Kleinigkeit im Vergleich zu den etwa 100.000mal höheren Werten, die in den heute üblichen Leichtwasserreaktoren nach 20 Jahren erwartet werden.

Während in Bayern schon die Abrißvorbereitungen anliefen, kündigte die EG-Kommission Ende Juli ein 125-Millionen-Mark Forschungsprojekt zur Entwicklung alternativer Stillegungskonzepte für ausgediente Atommeiler an. Bereits im Frühjahr 1987 überraschte Bundesforschungsminister Riesenhuber die Öffentlichkeit mit einem anderen Projekt: Die Hanauer Nukem und ein Münchner Ingenieur-Büro prüfen derzeit, ob AKW-Ruinen nicht einfach durch „Absenkung“ unter die Erde von der Bildfläche verbannt werden können.

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