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„SPENDENAUFRUF!“

■ Puni-Konvolut in Berlin

Straßenmusiker brauchen Geld. Oftmals sind sie so arm dran, daß sie nicht nur mit zerlumpten Kleidern das Mitleid der Reichen herausfordern wollen, sondern sogar ein gänzlich zerhauenes Instrument vorführen. Daß dies beim Musiker auf dem Bild von Iwan Puni nicht der Fall ist, sieht man gleich: Die fallenden Geigen sind nicht das Resultat eines (wie auch immer simulierten) Unfalls, sondern die kom- und perplex ausgetüftelte Synthese kontroverser Wahrnehmungen. Nicht zufällig hat das relativ „realistische“ Gesicht einen zutiefst melancholischen Zug ums Bärtchen. Hat er doch am eigenen Leib erfahren, wie greußlich diese Zukunftsmusik sich anhört. Die Gamaschen schlottern ihm unter seiner vergeigten Maschine, daß ihm fast der Boden schwindet. Der Maler Iwan Puni hingegen fand mit diesem „Hauptwerk“, „Synthetischer Musiker“, das er zwischen 1920-23 in Berlin herstellte, wieder auf den Boden der „realistischen“ Tatsachen zurück. Die kubofuturistischen Zuckungen sind bald überwunden.

Die Berlinische Galerie, die sich unter der neudynamischen Direktorenschaft schon mal gerne „spektakulär“ gibt, hat nun ein „Puni-Konvolut“ erworben. Der „Glücksfall“ günstiger Ankaufsbedingungen , nämlich bloß 1,6 Millionen für den „Musiker“, wobei es drei Stilleben praktisch geschenkt dazu gibt, traf sich mit der Hilfsbereitschaft der Berliner Sparkasse, die „eine schnelle Kreditentscheidung vorfinanzierte“. Und jetzt geht's ans bezahlen. Deshalb werden „alle kunstinteressierten Berliner Bürger herzlich gebeten, einen - wenn auch noch so kleinen - Beitrag zur Finanzierung des Bildes beizusteuern.“ (Konto 1130014742). Für 30 DM gibt's ein DIN-A-0- Plakat vom Musiker.

V - Foto: Hermann E.Kiessling

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