: Formaljuristisch gegen Abtreibungen
■ Das baden-württembergische Sozialministerium verweigert dem hessischen Arzt Dr.Stapf die Genehmigung, ambulante Abtreibungen vorzunehmen
Der hessische Arzt Friedrich Andreas Stapf will mit einer Klage gegen das Land Baden-Württemberg die Erlaubnis durchsetzen, in einer Stuttgarter Privatklinik ambulant Schwangerschaftsabbrüche durchzuführen.
taz: Herr Stapf, das baden-württembergische Sozialministerium hat Ihnen untersagt, in einer Stuttgarter Privatklinik ambulant Schwangerschaftsabbrüche vorzunehmen. Sie wollen jetzt vor das Verwaltungsgericht in Stuttgart gehen.
Friedrich Stapf: Die Klage hat folgenden Hintergrund: Nach dem Paragraphen 218 dürfen Abtreibungen ambulant oder stationär in einem Krankenhaus durchgeführt werden oder in einer zugelassenen Einrichtung, wie zum Beispiel Pro Familia. Diese Zulassung ist Ländersache; die Länder Baden –Württemberg und Bayern haben aber bis heute keine Gesetze dazu erlassen. Deshalb können in diesen beiden Bundesländer Abtreibungen nur in Krankenhäusern durchgeführt werden.
Nach jüngsten Daten des Statistischen Bundesamtes konnten in Stuttgart nach sozialer Indikation nur 38 Frauen abtreiben. In vergleichbaren Städten waren es mehrere tausend.
Richtig, in ganz Baden-Württemberg gibt es nur wenige Krankenhäuser, die sich dazu bereit erklären. Dann gibt es noch zwei Privatkliniken, die das stationär machen, um sich damit zu finanzieren. Ich arbeite in Hessen. Aber 60 bis 70 Prozent meiner Patientinnen kommen aus Baden-Württemberg.
Wie kommt es jetzt zu Ihrer Klage?
Mir hat die ganze Situation einfach gestunken. Deshalb habe ich mich nach einer Klinik in Baden-Württemberg umgesehen. Denn für den ambulanten Abbruch in einem Krankenhaus braucht man keine besondere Zulassung. Ich hab das der Ärztekammer in Nordbaden mitgeteilt. Sie haben gesagt, daß dies rechtlich völlig in Ordnung sei. Es fehlte nur die Bescheinigung aus dem Sozialministerium als der Aufsichtsbehörde. Das Sozialministerium mir im Mai mitgeteilt, ich dürfe dort keine Schwangerschaftsabbrüche machen, mit der Begründung, die von mir ausgewählte Klinik sei kein Krankenhaus. Das Ganze ist eine formaljuristische Geschichte, die natürlich den politischen Hintergrund hat, daß das Sozialministerium die Zahl der Abtreibungen senken will. Ich würde jetzt vermutlich einen Bußgeldbescheid von 10.000 Mark bekommen, wenn ich mich widersetzte. Deshalb klage ich gegen das Land Baden-Württemberg, um feststellen zu lassen, daß diese Klinik als Krankenhaus einzustufen ist.
Interview: Helga Lukoschat
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen