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Rechnungshof rügt Hasselmann

Niedersächsischer Rechnungshof: Innenminister hat Aufsicht über Spielbank Hannover „nicht ordnungsgemäß ausgeübt“ / Schon ab 1985 hätte gegen die Spielbank KG vorgegangen werden müssen / Hasselmann begründet Stillhalten mit Verhandlungen der Toto-Lotto GmbH  ■  Aus Hannover Jürgen Voges

Zwei Tage vor dem Auftritt des Kronzeugen Laszlo Maria von Rath vor dem Spielbankausschuß in Hannover ist der angeschlagene Innenminister Wilfried Hasselmann (CDU) gestern auch noch vom niedersächsischen Landesrechnungshof in Sachen Spielbank gerügt worden. Der jetzt dem Landtag vorliegende Bericht der staatlichen Haushaltsprüfer zur Kasinopleite kommt zu dem Schluß, daß „der Minister des Innern die Aufsicht“ über die in Konkurs gegangene Spielbank Hannover/Bad Pyrmont „nicht ordnungsgemäß ausgeübt“ hat. Etwa ab Herbst 1985 hätten sich die beiden betroffenen Ministerien des Innern und der Finanzen darüber Gedanken gemacht, so heißt es in dem Rechnungshofbericht, „ob gegen die Spielbank KG mit Aufsichtsmitteln vorgegangen werden müsse“. Der Innenminister sei trotz des Drängens des Finanzministerium dagegen gewesen.

Minister Hasselmann begründete damals sein Stillhalten gegenüber dem schon hochverschuldeten Mehrheitsgesellschafter und Chef des Hannoverschen Kasinos Marian Felsenstein mit Verhandlungen, die die landeseigene Toto/Lotto-GmbH mit Felsenstein über den Kauf seiner Spielbankanteile führte.

Der Landesrechnungshof prüfte die dem Innenministerium und dem Finanzministerium vorliegenden Akten, nicht die Aktenmaterialien des Spielbank-Untersuchungsausschusses. Er befaßte sich unter anderem mit dem gesellscchaftsrechtlichen Verhältnissen der Spielbank KG sowie der Solidität des Hauptgesellschafters Marian Felsenstein.

Bis zum Schluß, so der Bericht des Rechnungshofes, habe der Innenminister den Standpunkt beibehalten, bei Aufsichtsmaßnahmen gegen Felsenstein könne der Eindruck entstehen, die Spielbankaufsicht werde als Druckmittel im Interesse der Toto-Lotto-Gesellschaften eingesetzt. „Mit dieser Begründung“, so schreiben die staatlichen Rechnungsprüfer abschließend, „durften Aufsichtsmaßnahmen nicht unterbleiben.“

Der deutschen Presseagentur liegt inzwischen ein interner Vermerk aus dem Innenministerium aus dem Jahre 1986 vor, wonach der Versuch, den bereits mit 20 Millionen verschuldeten Kasinochef aus der Spielbank herauszukaufen, ohnehin rechtswidrig war. Bei dem Erwerb von Spielbankanteilen durch die Toto-Lotto-Gesellschaft seien Vorkaufsrechte von Felsensteins Mitgesellschaftern umgangen und auch gegen die Vorschrift verstoßen worden, wonach ein Wechsel von Spielbankanteilen offenzulegen war. Für das Herauskaufen Felsensteins hatte sich nach eigenen Angaben vor dem Spielbankausschuß der selbst am Harzburger Kasino beteiligte CDU-Ehrenvorsitzende Richard Langeheine bei Hasselmann eingesetzt. Tagesthema zur Spielbankaffäre

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