: Kunscht in der Wüscht
■ Zuversicht und Skepsis am Eröffnungstag des „Bremer Kunstfrühling“ aus dem Munde von Annemarie Leidemann und Heinz Stark: Kann Bremen eine Kunstlandschaft werden und wie und womit?
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Glaubt man Annemarie Leidemann, Vizepräsidentin der Bremer Bürgerschaft, so gibt es eine starke Affinität der Abgeordneten zu der Bremer Kunstlandschaft. Weil auch Politiker „keine Kunstmuffel“ seien, werte sie den Kunstfrühling als einen „ernsten Apell an die Notwendigkeit der Künstlerförderung“. Doch nicht
nur die Politiker sind aufgefordert, auch das private Mäzenatentum, das früher in Bremen so selbstverständlich gewesen sei.
Wer weiß. Die Erfahrungen, die Heinz Stark, Vorsitzender des Berufsverbands Bildender Künstler anschließend zum Besten gab, lassen doch ein gewisses Siechtum der Mäzene befürchten. So habe „eine Bremer Kaffeefirma“ sage und schreibe sechs Kaffeepäckchen (Pfund) gespendet. Und die „Liste“ der Sponsoren im Katalog, von der Frau Leidemann optimistisch glaubt, daß sie „nach dem Kunstfrühling viel länger sein würde“, verdient mit ihren fünf Institutionen und Firmen den Namen fast nicht. Wie der Prophet im eigenen Lande, so gelte offenbar die eigene Kunst hier nichts oder sehr wenig. Auswärtige müssen her, um das Bild der Stadt als Kunststadt aufzupolie
ren. Zwar sei auch hierzulande erkannt worden, daß Kunst als Ware und Werbung einsetzbar sei, doch daß für die Schaffung von Kunst ein lebendiges, geistiges Klima Voraussetzung sei, wurde dabei großzügig übersehen.
Die Rede Starks, vom Publikum später als unerwartet differenziert kommentiert, gipfelte in zehn Forderungen. So dürfen seiner Meinung nach Bremens KünstlerInnen zu Recht erwarten, daß der Senat 1989 eine deutliche Steigerung im Kunstmitteletat verabschiede, wie auch die Wirtschaft aufgefordert bleibe, regionale KünstlerInnen zu fördern. Aber Geld allein reicht auch nicht, Kunst braucht ein Publikum. Und das wiederum braucht im Kindheitsalter einen verstärkten Kunstunterricht und später intensivere kulturelle Erwachse
nenbildung.
Die öffentlichen Medien rief Stark auf, den „Kunsthaß“ nicht noch zu schüren, sondern öfter mal positiv über Kunst zu berichten. Die Künstler-KollegInnen wurden darauf hingewiesen, daß ihre Mitarbeit im BBK helfen könnte, eigene Interessen zu vertreten, Stark lockte mit der geplanten „Kulturwerkstatt“. Ob die Galeristen seiner Bitte nachkommen werden, künftig öfters Bremer Kunstschaffende ins Programm zu nehmen, darf ebenso angezweifelt werden, wie die von ihm erhoffte Spendier-oder gar Kauffreudigkeit des Publikums. Wenn auch nicht käuflich, so sei Kunst doch kaufbar, und als praktischer Mensch erinnerte Stark an Möglichkeiten wie Mietkauf oder Ratenzahlung.
Auch die Kritiker wurden nicht vergessen. Statt zu nörgeln oder
einfach nicht teilzunehmen, sollten sie doch gemeinsam mit den Künstlern und dem BBK diskutieren, was besser zu machen sei. Eine Möglichkeit dazu ist die Abschlußdiskussion am 11. November im Schlachthof.
Schließlich wurde dann der „liebe Kunstfreund“ aufgerufen, zu sehen und zu handeln. Die ersten, die ins künstlerische Rampenlicht treten durften, waren die Preisträger des Plakat -Wettbewerbs, Studenten der Hochschule für Gestaltung hatten für das offizielle Kunstfrühlings-Plakat Vorschläge eingereicht. Susan Amir Sawadkuhi und Jörn Baumgarten teilten sich den ersten Preis und ein Gutes hat das blasse Baumgarten-Plakat sicherlich: auch der strengste Zweifler mag nicht glauben, daß der Kunstfrühling so dünn wie dieses Blümchen werden könnte.
Beate Naß
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