JÜRGEN HINGSEN

 ■  DIE GURKE DES JAHRES

Es geschah am historischen Tag 1 nach Ben Johnson, 0:09 Uhr, das erste Bild aus Seoul: „Hingsen, Jürgen, FRG, Foul“. Der Uerdinger Zehnkämpfer war im 1. Versuch des 100 Meter -Laufs fehlgestartet. 2. Start - wieder zu früh, wird ihm aber nicht angelastet. Glück. Beim dritten rennt er sogar vor dem Knall los. Der Reporter warnt flehentlich, doch vergeblich: der bekannt selbstbewußte Athlet gibt sich sein Startkommando wieder selbst, das heißt Disqulifikation und Aus. Der Kraftriese Jürgen Hingsen hatte den Zehnkampf in zehn Minuten absolviert - Weltrekord. „Ein Blackout, irgendeine Verdrängung“ sagt einer, „Jürgen ist der allergrößte Depp“ schimpft der Trainer, von „Übermotivation“ hören wir, vom „Defekt im Kopf“ und einem „Fehlstartsyndrom“, das auch ein Psychologe nie eliminieren konnte. Hingsen hatte sich „geistig auf den Startschuß vorbereitet“, war „super drauf“, wollte „Kraft loswerden“. Wirklich: Hingsen hat die Legende des ewigen Zweiten zerstört. Endlich erster - im Ausscheiden. Das ist nicht tragisch, sondern genial. Denn jetzt kann Thompson, der den tolpatschigen deutschen Apoll immer als Psychodoping brauchte, in Seoul nicht mehr gewinnen.

-müll