: Grüner Streit um die Diäten
■ Bürgerschaftsabgeordnete wehren sich gegen den Vorwurf, nicht genug an Partei und Ökofonds zu spenden / Kassenführerin: „Die Zahlungsmoral läßt zu wünschen übrig“
Wenns ums Geld geht, hört der Spaß auf. Sauer reagierten deshalb mehrere Mitglieder der grünen Bürgerschaftsfraktion, als ihnen auf der letzten Mitgliederversammlung pauschal vorgeworfen wurde, die Spendentöpfe der Partei nicht genügend mit ihren Abgeordneten-Diäten aufzufüllen. „Ungeheuerlich“ findet zum Beispiel Martin Thomas die Vorwürfe. Er überlegt jetzt, sein Geld statt in die grüne Parteikasse und an den „Ökofonds“ direkt an Amnesty International, Terre des Hommes und andere Initiativen zu spenden.
Die Kassenführerin der Grünen, Ute Treptow, hatte im Rechenschaftsbericht des Landesvorstandes vorgerechnet, daß die im September 87 neu gewählte Fraktion bisher deutlich weniger Spenden an Partei und Ökofonds geleistet hatte als die vorangegangene - und das, obwohl mit zehn Abgeordneten jetzt doppelt so viele Grüne im Landesparlament sitzen wie noch vor einem Jahr. Bis zum 31.8.88 waren von dem Spenden -Ansatz in Höhe von 140.000 Mark lediglich 30.000 auf die grünen Konten gegangen. „Die Zahlungsmoral der Bremer Abgeordneten läßt sehr zu wünschen übrig“, hatte die Kassenführerin resümiert.
„Es ist eine Frechheit, wie Ute Treptow versucht, Stimmung zu machen, ohne die Verhältnisse jedes einzelnen Abgeordneten zu berücksichtigen“, empört sich dagegen die Spitzenkandidatin bei der 87er Wahl, Helga Trüpel. Sie habe „wahrscheinlich sogar zuviel bezahlt“. Auch Carola Schumann ist ärgerlich: „Als Abgeordnete bin ich nicht sozialversichert. Wenn ich hinterher arbeitslos werde, bekomme ich nicht einmal Arbeitslosenunterstützung“. Und auch Horst Frehe ist der Meinung, genau das zu bezahlen, was die parteiinternen Regeln von ihm verlangen.
Doch diese Regeln sind nicht ganz einfach zu verstehen. Grundsätzlich besagen sie, daß kein(e) grüne(r) Abgeordnete(r) weniger verdienen soll als vor der parlamentarischen Tätigkeit. Außerdem wird ihnen mindestens 2.400 Mark netto zugestanden. Doch wieviel Rücklagen die Abgeordneten darüber hinaus für Steuern, Versicherungen und besondere Unkosten zurückhalten müssen, ist schwer und nur im Einzelfall zu klären. „Ich habe es ausgerechnet und bin der Meinung, genug zu spenden“, meint zum Beispiel Horst Frehe. Und Martin Thomas: „Ich bezahle viel Geld.“
Zuständig für die Kontrolle der Abgeordneten-Spenden ist eine grüne „Diäten-Kommission“. Doch deren drei Mitglieder waren für Horst Frehe bisher nicht zu sprechen. Mehrmals habe er mit ihnen Kontakt gesucht, um seine eigene Spenden -Berechnung abzusprechen, doch immer wieder sei er versetzt worden, beklagt sich Frehe. Besonders geärgert hat sich Martin Thomas darüber, daß kein Mitglied der Kommission anwesend war, als auf der grünen Mitgliederversammlung die Spenden-Unfreudigkeit der Fraktion gerügt wurde. „Die wären dafür da, uns gegen pauschale und ungerechtfertigte Vorwürfe zu verteidigen“, meint Thomas.
Genaue Angaben über ihre Spendenbeträge mochten die Fraktionsmitglieder nicht machen. Schließliche könne dann auch auf mögliche säumige KollegInnen zurückgeschlossen werden. Horst Frehe wies jedoch darauf hin, daß er 1988 mit über 15.000 Mark Spenden weit mehr abführen werde, als steuerlich absetzbar ist. Gerade haben die Grünen ihre 88er Diätenerhöhung in Höhe von 2.000 Mark gespendet. „Ich sehe allerdings nicht ein, daß ich jetzt weniger verdienen soll, als die Angestellten der Fraktion“, so Frehe.
Ase
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