: Der weiße Miethai hat zugebissen
■ Untersuchung über die Folgen des „Weißen Kreises“: Jeder zweite Haushalt muß mehr Miete bezahlen / Erhöhung bei Neuvermietung nicht untersucht
Bei jedem zweiten Berliner Haushalt im Altbau hat die vom Senat zum Jahresanfang verfügte Einführung des Weißen Kreises zu teilweise äußerst happigen und nur teilweise schwer verkraftbaren Mieterhöhungen geführt. Immerhin 18 Prozent der Mieter in Berlin erhielten Mieterhöhungen, die „deutlich“ über der fünfprozentigen Kappungsgrenze für bestehende Mietverhältnisse liegen.
Dies ist das Ergebnis einer von Bausenator Wittwer (CDU) gestern dennoch „mit Befriedigung“ zur Kenntnis genommenen Erhebung des Bielefelder Meinungsforschungsinstituts Emnid. Der Senator hatte diese Untersuchung über die Akzeptanz des neuen Mietrechts und des damit verbundenen Mietspiegels in Auftrag gegeben. Emnid hatte in der Zeit zwischen dem 28.Juli und dem 20.August eine repräsentative Gruppe von 995 Altbaumietern und 200 Vermietern um ihre Meinung gebeten.
Durchschnittlich mußten die betroffenen Haushalte eine Mieterhöhung von 4,4Prozent hinnehmen. Das Emnid-Institut verzichtete allerdings darauf, die Mietenentwicklung bei den neu vermieteten Wohnungen zu untersuchen, für die eine höhere Mieterhöhungsspanne von bis zu 10Prozent zulässig ist. „Hier brennt es schon jetzt“, kritisierte der Berliner Mieterverein das Versäumnis unter Anspielung auf die teilweise auch weit über 10Prozent liegenden Erhöhungsbegehren.
Laut Emnid hat der neue Mietenspiegel, in dem für verschiednee Wohnstandards Mietobergrenzen festgelegt sind, noch nicht zu einem „positiven Schutzgefühl“ der Altbaumieter geführt. Geschützt fühle sich im Gegenteil nur jeder Dritte. Die Meinungsforscher kennzeichnen als „Problemgruppe Nummer eins“ die jüngeren Altbaumieter mit relativ geringem Einkommen, die offensichtlich unter Mieterhöhungen am meisten zu leiden haben. Die Schlußfolgerung: „Hier könnte politischer Sprengstoff entstehen.“ Dieser Gruppe solle künftig durch eine verstärkte Information über die Möglichkeiten des Wohngeldbezugs geholfen werden, kündigte Wittwer an. Andere mietenpolitische Schlußfolgerungen waren von ihm nicht zu hören.
thok
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