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Schweinemäster betreten „Neuland“

■ Das Öko-Schwein wächst langsamer, schmeckt aber besser als das Intensivschwein / Es frißt keine Anabolika und kein Futter aus der Dritten Welt / In der Herstellung ist es doppelt so teuer

„Wenn das rauskommt, wie die Schweine gefüttert werden, dann geht es den Schweinehaltern so wie den Kälberzüchtern vor wenigen Wochen“. Karl Hermann

Priem, ökolögischer Schweinehalter aus Herford, macht sich Sorgen um die Zukunft seiner Kollegen, soweit sie ihre Schweine „intensiv“ halten und mit dem üblichen Kraftfutter fett machen. Denn: Dieses Kraftfutter enthält „Wachstumförderer“, die „das Fleischanreicherungsvermögen des Körpers erhöhen“, wie die Hersteller werben. Die Stoffe aber, die die Schweinemuskeln wachsen lassen, sind dieselben, die auch Bodybuilder und Olympia-Teilnehmer so schön machen: Anabolika. Im Stall des Öko-Bauern Priem indes werden diese Substanzen nicht gefüttert. Seine Schweine wachsen langsamer, schmecken aber

besser. Wer mehr über Priems Schweineproduktion und andere ökologische Landprodukte wissen will, kann sich heute auf dem Achimer Wochenmarkt informieren. Dort haben Umwelt- und Tierschützer, Verbraucherverbände und Bauern ein gemeinsames Informationszelt aufgebaut. Denn heute ist der Aktionstag: „Bauern und Verbraucher für eine neue Agrarpolitik“. Treibender Keil der Aktion auf Seiten der Bauern: die „Aktionsgemeinschaft Bäuerliche Landwirtschaft“.

Der Einsatz von Anabolika in der Schweinemast ist nicht verboten. Nur: 100 Tage bevor die Tiere den Tod im Schlachthof finden, dürfen sie mit dem brisanten Wirkstoff nicht mehr gefüttert werden. Daran würde sich aber in der Regel kein Mäster halten, meint Karl-Hermann Priem. Zu

mal Futtermittel ohne „Wachstumsförderer“ auf dem Markt nur schwer zu kriegen sind.

Unter dem Namen „Neuland“ haben sich Schweinemäster zusammengeschlossen, die ihre Tiere besser behandeln wollen. Dabei geht es nicht nur um das Futter: Die „Neuland„ -Schweine sollen mehr Platz im Stall und außerdem Auslauf auf der Wiese haben. Ihr Futter wird nicht aus der Dritten Welt importiert, sondern soll von den Äckern des Mästers kommen. So soll verhindert werden, daß auf wenig Land viele Schweine leben und mit dem Nitrat ihrer Gülle das Grundwasser gefährden.

So menschlich gemästete Tiere kosten ihren Preis. Sie wachsen einfach nicht so schnell und machen mehr Arbeit als die Knast-Schweine der Großmästereien. Karl-Hermann Priem bekommt

vier Mark pro Kilo Lebendge wicht für seine Schweine. Das ist doppelt so viel wie der übliche Marktpreis. Deshalb ist der Verkauf auch schwierig. Erfolgreich sind Priem und die anderen „Neuland„-Bauern bisher überwiegend bei Metzgern, die ihre Läden in noblen Wohngegenden haben, dort wo die Kundschaft nicht auf den Pfennig zu gucken braucht. „Auch die Metzger müssen umdenken“, sagt Priem,

„denn sie sitzen selbst auf der Schlachtbank“. Gegen die Sonderangebote der Supermärkte können sie seiner Meinung nach nur bestehen, wenn sie besseres, also ökologisch erzeugtes Fleisch anbieten. Auch in der Nähe von Bremen wird bald ökologisches Fleisch produziert werden. Mehrere Bauern in der Gegend von Achim wollen ihre Schweine in Zukunft nach den „Neuland„-Richtlinien halten.

mw

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