: „Wir wollen eine Politik nationaler Harmonisierung“
Angolas Präsident Eduardo dos Santos zu den Angola-Verhandlungen und möglichen Gesprächen mit den Unita-Rebellen ■ I N T E R V I E W
taz: Verschiedene afrikanische Staaten haben diplomatische Initiativen ergriffen, um die amerikanischen Vermittlungsbemühungen im Rahmen einer „nationalen Aussöhnung“ in Angola weiterzuführen. Sind diese Initiativen Ihres Erachtens nützlich?
Dos Santos: Wir haben nichts gegen vernünftige Initiativen. Für uns ist ausschlaggebend, welche Absicht verfolgt wird. Wenn es darum geht, die Friedensbemühungen der angolanischen Regierung zu unterstützen und die Unabhängigkeit Namibias zu ermöglichen, dann sind solche Initiativen mehr als willkommen.
Es geht hauptsächlich um den inneren Konflikt mit der Unita -Opposition Jonas Savimbis. Sind sie bereit, sich auf eine Politik nationaler Aussöhnung mit der Opposition einzulassen? So, wie das bspw. die Regierung im Tschad vorgeführt hat?
Genau so. Denn auch in Angola haben äußere Faktoren den inneren Konflikt verschärft. Gegenwärtig verhandeln wir über ein Abkommen, das diese äußeren Faktoren ausschalten soll. Vor allem in militärischer Hinsicht ist die Unita nämlich nichts anderes als eine Verlängerung äußerer Interessen, die sich gegen das angolanische Volk und seine Regierung richten. Und wenn Sie die gegenwärtige, militärische Lage analysieren, dann werden Sie feststellen, daß die Unita seit dem Abzug der südafrikanischen Truppen aus dem Süden Angolas keine Provinz, kein wirtschaftlich oder demographisch bedeutsames Gebiet und nicht einmal mehr eine wichtige Stadt kontrolliert. Angola ist nicht der Tschad, aber ich glaube, daß die dort praktizierte Formel - mit Anpassungen - auch bei uns anwendbar ist.
Wenn Jonas Savimbi und seine Rebellen tatsächlich nur „Marionetten Südafrikas“ sind, warum bekämpfen Sie die Unita nicht bis zur militärischen Niederlage?
Unser Ziel besteht nicht darin, Angolaner zu töten, sondern sie aus fremder Vormundschaft zu befreien. Wenn die Legitimität unserer Regierung anders anerkannt werden kann, warum sollen wir dann den Krieg weiterführen?
Aber wenn Sie einen Waffenstillstand erreichen wollen, dann müssen Sie verhandeln. Sind Sie bereit, mit der Unita zu verhandeln?
Das ist eine Möglichkeit. Mit einer Gruppe, mit Persönlichkeiten oder mit den Leuten and der Basis zu sprechen - all das ist möglich. Die Hauptsache ist, zu einer Lösung zu kommen, die im Interesse des angolanischen Volkes ist. Aber diese Frage stellt sich erst in der Zukunft. Gegenwärtig müssen wir die Probleme lösen, die an äußere Faktoren gebunden sind: die Aggressionen Südafrikas, die Einmischung anderer Länder in die inneren Angelegenheiten Angolas, die Unabhängigkeit Namibias, um sicherzustellen, daß unser Nachbarland nicht weiterhin als Basis für Feindseligkeiten benutzt wird. Das Problem mit der Unita muß ein rein angolanisches Problem werden, um allein von den Angolanern gelöst zu werden.
Es ist zunehmend von einer regionalen Gipfelkonferenz mit südafrikanischer Beteiligung die Rede. Sind Sie dazu bereit?
Meines Erachtens kann man mit den Südafrikanern über ihre Agressionspolitik verhandeln. Das tun wir seit Monaten dank amerikanischer Vermittlung. Man kann sich auch mit Südafrikanern an einen Tisch setzen, um - beispielsweise über das Problem der Apartheid zu reden. Aber wir halten es nicht für vordringlich, angolanische Probleme mit Südafrika zu erörtern.
Sie haben öffentlich „Garantien“ dafür gegeben, daß Sie eine friedliche Lösung des Bürgerkriegs suchen werden.
Der Sinn dieser Erklärung ist der folgende: Innerhalb und außerhalb Afrikas zweifeln manche Regierungen an unserem Willen, eine „Politik nationaler Harmonisierung“ umzusetzen
-so nennen wir unsere Variante dessen, was andere anderswo als „nationale Aussöhnung“ bezeichnen. In aller Unabhängigkeit haben wir diesen Willen öffentlich und vor zwei befreundeten Staatschefs bekundet (Gabuns Präsident Omar Bongo und Kongos Sassou N'Gesso, die Red.).
Wir haben das getan, damit sie anderen - zweifelnden Regierungen versichern können, daß wir nicht Krieg um des Krieges willen führen. Angola verteidigt sich nur, wir haben niemals Krieg außerhalb unserer Landesgrenzen geführt. Und im Inneren kämpfen wir gegen die Unita, weil es sich um Rebellen handelt, die gegen die legitime und international anerkannte Regierung Angolas zu den Waffen gegriffen haben. Aber unser Wille ist der Frieden - ein für alle gerechter und ehrenhafter Frieden.
Für alle? D. h., auch für Jonas Savimbi?
Ja, ein gerechter und ehrenhafter Friede auch für Jonas Savimbi ...
Könnte das Szenario dafür etwa so aussehen: Die angolanische Regierung verpflichtet sich auf eine bedingungslose nationale Aussöhnung, und im Gegenzug überzeugen die mit Jonas Savimbi „befreundeten“ afrikanischen Staaten den Unita-Führer, daß für ihn in Lunada kein Platz ist und er besser ins Exil geht?
Es ist für mich zu früh, dazu Stellung zu nehmen. Ich lasse Jonas Savimbi die Zeit, darüber nachzudenken. Er kennt Angola und weiß wohl, wie schwierig er sich dafür rechtfertigen könnte, zu den Waffen gegriffen zu haben. Aber gegenwärtig kann man noch nicht öffentlich über Bedingungen und Möglichkeiten sprechen. Ich denke, das wird allmählich möglich werden: sobald sich die internationale Lage im Umfeld Angolas und die Kräfteverhältnisse innerhalb des Landes klären.
Interview: Knut Pedersen
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