: Langer Tanz ums Eck
■ Aus der Vergangenheit über selbsternannte Blockwarte im Viertel / Und die Entsprechung in der Gegenwart
Die Sielwallkreuzung, Symbol und Mythos aus Stein, Treffpunkt sozialer Randgruppen. Von jeher ein Dorn im Auge der Saubermänner, die überall die Besen
schwingen - gegen den Punk an der Ecke, gegen alles Andersartige und Fremde im Viertel. Wirklich durchsetzen konnten sich die selbsternannten „Block
warte“ bislang nicht, trotz massiver polizeilicher “ Amtshilfe“.... Erinnern wir uns. Jahrelange Demonstrationen im Viertel, die Kreuzung: Schauplatz der Scharmützel mit der Polizei. Stundenweise war die „Ecke“ fest in der Hand der „Bewegung“: Tanz auf dem Straßenpflaster zu Ton, Steine, Scherben - Keine Macht für niemand - Macht kaputt, was Euch kaputt macht - Der Kampf geht weiter. Dann überließen die Linken den Alkis und Drogis die Ecke, zu ihnen gesellten sich die Punks. Die Polizei liebte bislang keinen dieser unterschiedlichen Besitzer der Ecke, ihre neueste Strategie lautet im Amtsdeutsch: „Tägliches Auf-die-Füße-Treten“. (So Günter Kahrs in der taz im Mai 1985.)
Gestern beschwerte sich die CDU zum erneuten Male, daß gerade dies nicht passiere und die Polizei im Gegenteil sich auf ein Beobachten der Szene beschränken würde. (Stimmt nicht, d. Hofnarren). Dabei habe das Ziel, das Viertel wieder zu reinigen, nach wie vor volle Gültigkeit. Drogenkauf „wie auf dem Gemüsemarkt“, Prostitution und eine im Ver
gleich zum übrigen Stadtgebiet um 5oo% erhöhte Kriminalitätsrate könne nicht mehr hingenommen werden. Deswegen ist die CDU hier - ganz im Gegensatz zu ihrer übrigen Politik - für eine Dezentralisierung. Und die Polizei soll richtig stark werden, um den „volkswirtschaftlichen Schaden der Drogenkriminalität“ zu verringern. Durch bauliche Maßnahmen soll darüber hinaus den ungeliebten AußenseiterInnen im Viertel der Platz genommen werden. Und wer doch bleibt und drogenabhängig ist, kriegt zukünftig Methadon.
oma
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen