: Israels TV-Duell hat keinen Sieger
■ Der Araber-Gipfel in Akaba bringt Abwechslung in den Wahlkampf
Das Fernseh-Duell des Vorsitzenden der israelischen Arbeiterpartei, Peres, mit Shamir vom Likud-Block brachte nur wenig Farbe in den israelischen Wahlkampf. Für mehr Stimmung sorgte da schon das überraschende Treffen des PLO -Vorsitzenden Arafat mit Jordaniens König Hussein und Ägyptens Staatschef Mubarak. Nach dem Ausschluß der rassistischen Kachbewegung bewerben sich immer noch 27 Parteien um Mandate für die Knesset am 1. November.
Wer nach einem bislang eher lauwarmen israelischen Wahlkampf am Sonntag abend auf einen Höhepunkt hoffte, als die beiden Spitzenkandidaten des Likud-Blocks und der Arbeiterpartei vor den Fernsehkameras in den Ring traten, sah sich enttäuscht. Jitzhak Shamir und Shimon Peres griffen in der am Vormittag aufgezeichneten Sendung in die Kiste altbekannter Positionen ihrer jeweiligen Parteien, die freilich durch das Gipfeltreffen zwischen König Hussein, Ägyptens Staatschef Hosni Mubarak und PLO-Chef Yassir Arafat in Akaba einen aktuellen Anstrich erhielten. Die der Debatte über die Aussichten einer nahöstlichen Friedensregelung zugrundeliegende Botschaft lautete unüberhörbar: Wer Peres wählt, setzt auf Veränderung, wer diese fürchtet, sollte seine Stimme lieber Shamir geben.
Was Shamir nun eigentlich den Plänen seines Konkurrenten Peres, der eine internationale Friedenskonferenz ohne Entscheidungskompetenz als Auftakt für Verhandlungen mit Jordanien befürwortet, entgegensetzen will, blieb auch nach der Sendung das Geheimnis des Ministerpräsidenten. Zwar sprach sich Shamir erneut für eine Autonomie-Regelung aus, doch zu welcher endgültigen Lösung dies schließlich führen soll, wer mit wem über was verhandeln soll, das verriet Shamir den Israelis nicht. Er vertröstete sie auf die Zeit nach der Wahl.
Ganz anders Peres, dem offensichtlich das geschicktere Beraterteam zur Seite gestanden hatte. Engagiert, den Zuschauer in die Augen blickend, versprach er kurz und bündig, im Nahen Osten werde sich alles verändern, sollte er das Mandat für die Aufnahme von Friedensverhandlungen erhalten. Doch daß dieses „alles“ den Rahmen des nationalen Konsenses in Israel nicht sprengt. dafür ist bereits gesorgt. Ein vollständiger Rückzug aus den besetzten Gebieten käme nicht in Frage; auch solle der Jordan-Fluß weiterhin die Sicherheitsgrenze Israels bleiben. Von Verhandlungen mit der PLO, von der palästinensischen Option auf eine unabhängigen Staat an der Seite Israels war denn auch gar nicht erst die Rede.
Nicht nur der nationalistische Likud-Block weiß unterschwellige Ängste zu mobilisieren, wenn er etwa der Arbeiterpartei vorwirft, sie sei bereit, Teile von „Eretz Isreal“ aufzugeben und damit den Gegner vor die eigene Haustür zu laden, oder Peres unterstellt, er wolle mit „anti -zionistischen“ Kräften wie der progressiven Friedensliste und der Demokratischen Front koalieren, was dieser freilich in einem Werbespot seiner Partei mit Grabesstimme umgehend dementierte.
Auch die Arbeiterpartei spielt auf der Klaviatur der Ängste. In der Debatte am Sonntag ging Peres ans Eingemachte und warf dem Likud-Block vor, er gefährde mit seiner Politik den jüdischen Charakter Israels. Peres unterstellte, Shamir wolle die besetzten Gebiete annektieren und damit die sogenannte „demographische Zeitbombe“ zünden, die die jüdische Bevölkerung in eine Minderheit gegenüber den Palästinensern verbannen werde.
In den Wahlkampfzentralen beider Parteien herrschte Sonntag nacht nach der Debatte Frohlocken. „Ein großer Sieg, eine ausgezeichnete Vorstellung“, hieß es bei Likud. „Jede Minute Shamir im Fernsehen hat einen weiteren unentschlossenen Wähler zur Arbeiterpartei getrieben“, jubelte demgegenüber ein Wahlkampfsprecher der Arbeiterpartei. „Die Politik des Likud rangiert zwischen Nichtstun im besten und Stagnation im schlimmsten Fall.“ Wenn Shamir in der Debatte im Vergleich zur Peres ausgesprochen defensiv wirkte, dann vermutlich, weil genau dieses Nichtstun Teil der Strategie des Likud ist, an die unterschwelligen Ängste vor Veränderung, einer ungewissen Zukunft und Unsicherheit über die Ergebnisse von Friedensverhandlungen, bei denen außer Israel auch noch andere Mächte mit am Tisch sitzen werden, zu appellieren.
Beate Seel
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen