: BVG knallt Mitteltür zu
■ Versuch mit freiem Einstieg ohne Fahrkartenkontrolle in BVG-Busse wird zum 31.Oktober abgebrochen / Schwarzfahrerquote nahm rasanten Aufschwung
Die Zeiten, in denen die BVG potentielle Buskunden mit offenen Türen lockt, werden nach dem 31.Oktober vorbei sein. Dann endet der Versuch mit dem unkontrollierten Mitteleinstieg in die Busse, der im Rahmen der Tarifumstrukturierung am 1.Mai eingeführt worden war. Die Fahrgäste werden mit Schildern auf die Fahrertür verwiesen: Einstieg nur vorn. Alle Fahrgäste müssen sich dann wieder an den Busfahrern vorbeidrängen und ihren Fahrschein vorzeigen.
Eben dies ist laut BVG-Direktor Lorenzen Hauptzweck der Rücknahme: Die Schwarzfahrerquote im Busbetrieb habe sich durch den freien Mitteleinstieg markant von 0,5 Prozent im vergangenen Jahr auf über drei Prozent erhöht, beim Schwarz -Umsteigen in U- und S-Bahn sei auch dieser Betriebszweig weiter „infiziert“ worden, die Schwarzfahrerquote stieg dort von vier auf sechs Prozent. Dadurch rechnet der ohnehin mit rund einer Dreiviertelmilliarde verschuldete Verkehrsbetrieb mit zusätzlichen Einnahmeausfällen von zehn bis 14 Millionen Mark. Da man zusätzliche Kontrolleure für den Busbetrieb nicht finanzieren kann, müsse man eben auf die „Kontrollfunktion der Fahrerinnen und Fahrer“ am vorderen Einstieg zurückgreifen.
Die Fahrer und der Personalrat hatten, wie berichtet, mit Vehemenz die Schließung der Mitteltür gefordert. Lorenzen wies den Vorwurf zurück, er habe diesem Druck nachgegeben. Er habe nur Sachargumente wie die nicht mehr zu kontrollierende Überfüllung des Wagens oder die Mitnahme gefährlicher Gegenstände wie zum Beispiel Benzinkanister gelten lassen. Lorenzen pocht auf Ergebnisse von Umfragen unter den Fahrgästen, von denen anfangs 63 Prozent die neue Freiheit beim Buseinsteigen begrüßt hätten, jetzt seien es nur noch 36 Prozent.
Vor allem ältere Fahrgäste und Mütter mit Kindern seien bei dem oft beklagten Ein- und Ausstiegsgedränge häufig unterlegen gewesen, die Zahl der Beschwerden sei deswegen gestiegen. Persönlich bedauert der neue BVG-Direktor die Schließung der Mitteltür: „Grundsätzlich finde ich, daß der Zugang zu öffentlichen Verkehrsmitteln so einfach und ungehindert wie möglich sein sollte, um die Attraktivität zu erhöhen.“
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