Sowjetunion

Nadeschda Mandelstams Memoiren, die lange verboten waren, sind jetz zum erstenmal in der UdSSR erschienen; im August begann die Zeitung 'Junost‘ (Jugend) mit ihrem Abdruck. Unter dem Titel Nicht die Hoffnung verlieren schreibt sie von ihrem Leben mit Ossip Mandelstam, ihrem Ehemann, bis zu seinem Tod während Stalins Säuberungen.

Am 25. August wurde offiziell bekanntgegeben, daß ein Stern nach Anna Achmatowa benannt werden soll, deren Werke teilweise bis vor kurzem noch verboten waren. Ihr berühmtestes Werk, der Gedicht-Zyklus Requiem, wurde Ende des letzten Jahres zum ersten Mal in der UdSSR veröffentlicht.

Am 2. August wurde der ukrainische Dichter und Journalist Iwan Sokulski vorzeitig aus der Haft entlassen. Er war 1980 zu fünfzehn Jahren Lager und internem Exil verurteilt worden für seine Mitarbeit in der ukrainischen Helsinkigruppe.

Anfang August begrenzte das Ministerium für Kommunikation wegen Papiermangels die Anzahl möglicher Abonnements auf 42 sowjetische Zeitungen und Zeitschriften. Alle Kunst- und Literaturzeitschriften sind betroffen, einige konservative Monats-Zeitschriften dagegen nicht.

Am 10. August veröffentlichte die estnische Zeitung 'Rachwa Haal‘ zum ersten Mal in der UdSSR das geheime Zusatzprotokoll des Molotow-Ribbentrop-Pakts, in dem die baltischen Republiken der Sowjetunion zugesprochen wurden. Die Moskauer Behörden stellten die Authentizität des Materials jedoch in Frage.

Am 16. August erschien in der offiziellen Zeitung 'Iswestija‘ ein Leserbrief, in dem behauptet wird, öffentliche Bibliotheken hätten Anweisungen erhalten, alle politische und ökonomische Literatur zu entfernen, die vor Gorbatschows Machtantritt erschienen ist. Möglichen Ausleihern solle gesagt werden, die Bücher seien gerade ausgeliehen.

Kürzlich neu gegründete Samisdat-Zeitungen sind 'Jekaterinburg‘, eine Literaturbeilage zu einer Zeitschrift in Swerdlowsk, und ein Literatur-Almanach in Irtutsk mit dem Titel 'Swecha‘ (Kerze). Eine lokale Zeitung veröffentlichte daraufhin Angriffe auf den Chefredakteur von 'Swecha‘, Igor Potschiwalow.