: Rollback der Spielbank-Kugel
Spielbank-Affäre weitet sich aus / Auch ehemaliger rheinland-pfälzischer Innenminister Johann Wilhelm Gaddum (CDU) involviert / Gelder hinter dem Rücken des Parlaments verschoben ■ Von Fabian Fauch
Mainz/Speyer (taz) - Jetzt liegt die Schwarze Kugel der Mainzer Spielbank-Affäre nicht mehr nur beim rheinland -pfälzischen Finanzminister Carl-Ludwig Wagner (CDU) und dem ehemaligen Mainzer Innenminister Kurt Böckmann (CDU): Auch Wagners Vorgänger, Johann-Wilhelm Gaddum (CDU) wird von der Vergangenheit eingeholt. Gaddums Ministerium hat sich, wie der Landesrechnungshof in Speyer feststellte, die Verlängerung der Spielbank-Konzession für Bad Neuenahr/Bad Dürkheim teuer bezahlen lassen: Insgesamt sechs Millionen Mark mußten die Spielbanker dort nach 1978 lockermachen und direkt ans Staatsbad Bad Dürkheim abführen - vorbei an Landeshaushalt und Abgeordneten!
Nach Informationen der taz und einem Bericht des Nachrichtenmagazins 'Der Spiegel‘ rügte der Landesrechnungshof diesen Deal in seinem Jahresbericht 1982, der sich auch auf Jahre davor bezieht. Das Finanzministerium - seit Juni 1981 unter Wagner - gelobte daraufhin zwar Besserung; publik gemacht aber wurde die Rüge nicht - auch nicht von den Abgeordneten. Der Speyerer Rechnungshof monierte, die Zahlungen hätten unbedingt im Landeshaushalt verbucht werden müssen.
Zu Gaddum selbst legte Wagner eine weitere Spur auf seiner „Dementi-Konferenz“: Die Fährte führt zu den umstrittenen Zuschüssen des inzwischen verstorbenen Spielbank -Konzessionärs von Mainz/Trier/BadEms, Friedrich Schröder, an die Staatsbad GmbH in Bad Ems. Nach Wagners Darstellung hatte er selbst nur noch wenig mit den spektakulären „Vertrags-Komplex“ von Bad Ems zu tun. Es sei vielmehr Gaddum gewesen, der federführend war bei der Vorbereitung der Verträge. Wagners Worte bekommen nach Bekanntwerden des Gaddum-Coup ein anderes Gewicht. Abgeordnete vermuten: Auch in Bad Ems wurden Gelder verschoben, ohne daß Landtagsabgeordnete etwas davon wußten.
Bisher wurde nur ein Teil der Schröder-„Zuschüsse“ in Rheinland-Pfalz bekannt: Alleine 1,5 Millionen Mark an die Staatsbad GmbH für eine der beiden Schröder-Kliniken in Bad Ems. Die finanzielle Transaktion lief nach einer Nebenvereinbarung, wie Wagner sagte, mit „drei oder vier Paragraphen“ ab, von denen höchstens zwei bislang bekannt sind: 500.000 Mark hat Schröder 1982 gezahlt; 1983 begannen seine Erben, den Rest zu stunden: 20 Jahre lang je 50.000 Mark. Die Zusatzvereinbarungen haben 30 Jahre Laufzeit - wie der Mietvertrag, so legt es zumindest Wagner dar.
Der CDU-Politiker räumt ein, auch für die zweite Schröder -Klinik gebe es Nebenabmachungen. Daß paßte in Schröders Geschäft. Einem seiner Rundbriefe an Kommanditisten zufolge warb er häufiger mit „Verlustbescheinigungen“ und „Abschreibungsunternehmen“.
Wagner muß sich neue Fragen gefallen lassen. So mußte er schon die Schröder-Zuschüsse von einer Million auf anderthalb Millionen Mark hochkorrigieren.
Wagner über seinen Vorgänger Gaddum und dessen Spielbank -Standpunkt: “... wobei ich nicht besonders darauf hinweisen muß, daß mein Amtsvorgänger Johann-Wilhelm Gaddum ... zu keiner Zeit sich der Idee geöffnet hat, zusätzliche Spielbanken zu schaffen in Rheinland-Pfalz ... Er war der Meinung, daß man sich mit Spielbanken besser nicht abgeben sollte.“ Wagner weiter: „Ich habe das von Anfang an ganz anders gesehen“. Wagner hatte bislang behauptet, seine Überlegungen zu neuen Spielbanken hätten erst Ende 1982 begonnen - in großer Distanz zu Schröders Vertrag (1981) und der ersten Zahlung (1982). Während Wagner die Öffentlichkeit sucht, bleibt Böckmann stumm. Zu Wagners Presse-Konferenz erschien er nicht, wurde aber in Mainz gesehen an jenem Tag
-von Parteifreunden. Der Vorfall von Bad Neuenahr - der Sechs-Millionen-Deal - könnte nun auch Folgen für Böckmann haben. Er war 1978 als damaliger Innenminister mit Gaddum für die Spielbanken zuständig.
Um 1978 durfte der Landesrechnungshof nur dann prüfen, wenn das Finanzministerium ihn dazu aufrief. Das war den Prüfern ein Lehre. Doch auch im neuen Gesetzentwurf über Spielbanken kamen sie zunächst nicht vor. Erst auf ihr eigenes Drängen fügte der Innenausschuß eine Klausel ein, die den Speyerern erlaubt, selbstständig einzuschreiten und die Bücher zu prüfen.
Einen Tag, bevor das neue Spielbankgesetz in Kraft trat (19.November 1985), äußerte sich einer, der noch gar nicht im Mainzer Landtag saß, zu den Vermutungen, der Bauunternehmer Schröder werde von Wagner bei den neuen Spielbanken bevorzugt: der heutige Wirtschaftsminister und FDP-Landesvorsitzende Rainer Brüderle.
Brüderle damals wörtlich: „Wir sind eine offene Gesellschaft, in der man keine unnötige Geheimniskrämerei betreiben soll. Wenn Finanzminister Wagner nichts zu verbergen hat, wovon die FDP ausgeht, spricht alles für die öffentliche Ausschreibung der Konzession.“ Diese Ausschreibung gab es allerdings nie.
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