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Der Film zum Soundtrack

■ Vor einem Jahr gab's die Musik, jetzt gibt's den Film dazu vom Mary Lambert: „Siesta“ - ein Gute-Zutaten-Mischmasch aus großen Zitaten, großen Namen, großen Bildern

Es hat lange gedauert, bis der Film zur Musik nachgeliefert wurde! Schon seit einem Jahr gibt es die Platte mit der wunderschönen Filmmusik zu „Siesta“, gespielt von Miles Davis und Marcus Miller, und bis jetzt konnte man sich dazu einen passenden Film vorstellen: elegant und elegisch, mit viel Geschmack und Sinn für Form, einer sehr smarten und modernen Ästhetik und spanischen Stimmungen. Denkste! Regisseurin Mary Lambert fabrizierte einen großen Mischmasch, der ein viel passenderer Titel für den Film gewesen wäre.

Der Film erzählt von der Sensationsdarstellerin Claire, die vor ihrem Todessprung nach Spanien fährt, um dort ihren früheren Geliebten zu sehen, mit dessen eifersüchtiger Ehefrau aneinandergerät und blutbeschmiert auf einem Flugplatz aufwacht, ohne Erinnerung an die letzten Tage, aber davon überzeugt, sie habe die andere Frau umgebracht. Soweit kann man der Geschichte folgen, aber dann wird wirr erzählt mit sprunghaften Schnitten, merkwürdigen Begegnungen, Rückblenden oder Traumvisionen, daß der Zuschauer sich nicht richtig auf die Personen, Stimmungen oder Ideen des Films einlassen kann, da er voll und ganz davon in Anspruch genommen ist, bei diesem Durcheinander mitzukommen. Hat Claire wirklich jemanden umgebracht? Wird sie rechtzeitig wieder Zuhause sein, um ohne Fallschirm in den Vulkan zu springen? Warum verheilen ihre Wunden in ein paar Stunden?

Wird sie ihre wahre Liebe finden? Mary Lambert drehte bisher Musikvideos, Titelsequenzen und Film-Trailer und hat alles was sie dort lernte in diesen Spielfilm hineingepackt. Der Film gibt nur vor, eine Geschichte zu erzählen, aber er mogelt sich von einer optisch genau kalkulierten Einstellung zur nächsten gut ausgeleuchteten Großaufnahme eines Stars. Es gibt viele bekannte Gesichter zu sehen, alle nur in nichtssagenden Rollen, die ihnen nichts abverlangen, aber immerhin: mit Isabella Rossellini, Martin Sheen, Jodie Foster, Grace Jones und Gabriel Byrne ist der Film hochkarätig besetzt.

Da paßt dann auch die Musik von Miles Davis ins Konzept, denn „Siesta“ ist reines Zutatenkino. Man nehmen die großen Namen, exotische Schauplätze und „die beiden großen Geheimnisse

des Lebens“ - für die Regisseurin sind das Sex und Tod - und das reicht für einen großen Film.

Erzählkino muß auch erzählen können, und da hapert es noch mächtig bei Frau Lambert. Aber immerhin hat sie einen angemessenen Schluß gefunden, mit den letzten Worten Claires voller unfreiwilliger Hochkomik: „Augustin sag mir, wenn nicht sie es war, die getötet wurde, sondern ich, warum empfinde ich dann solch eine Liebe?“

So ist „Siesta“ manchmal doch amüsanter, als Mary Lambert es geplant hatte, aber immer wenn die Trompete von Miles Davis zu hören ist, tut die Diskrepanz zwischen den meisterlichen Tönen und den effekthaschenden, leeren Bildern weh. Der Soundtrack hätte wirklich einen besseren Film verdient.

Wilfried Hippen

Schauburg 19.00 und 23.00 Uhr

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