: Kein Fluchtpunkt Zehlendorf
■ Zahl der Aussiedler nimmt immer mehr zu / Bauvorhaben in allen Bezirken / Spandauer Bürgermeister wundert sich: Keine Aussiedler-Häuser in Zehlendorf geplant
„Eigenartig, daß der grüne Bezirk Zehlendorf so gut wegkommt“, erklärte gestern der Spandauer Bürgermeister Salomon (SPD) gegenüber der taz. Gestern nämlich hatte der Senat dem Rat der (Bezirks-)Bürgermeister erklärt, auf welchen zwölf Grundstücken er demnächst Schnellbauhäuser für osteuropäische Aussiedler und DDR-Zuwanderer errichten will. Drei Spandauer Flächen sind dabei, drei in Neukölln und zwei Tempelhofer Grundstücke, daneben auch Flächen in Steglitz, Schöneberg, Reinickendorf und Tiergarten, keine jedoch in Zehlendorf. Das kritisierte Salomon gestern auch im Bürgermeister-Rat. „Ich kann mir nicht vorstellen, daß es in Zehlendorf keine Grundstücke gibt“, erklärte der Spandauer Bürgermeister der taz. Salomon wundert sich auch besonders deswegen, weil Zehlendorf der Wohnort zahlloser CDU -Politiker ist, die die Menschen aus Osteuropa stets willkommen heißen. Mit seiner Kritik stand Salomon im Rat der Bürgermeister nicht allein. Auch der CDU-Bürgermeister von Tempelhof, Jaroch, soll sich kritisch über die Senatsvorlage geäußert haben. Dort wurde „die Forderung laut“, so hieß es gestern im Landespressedienst des Senats, „daß sich auch alle Bezirke“ an der Hilfe für Aussiedler und Zuwanderer „beteiligen müßten“.
Zur Zeit kann der Senat insgesamt 8.500 Plätze in Übergangswohnheimen an Aussiedler und Zuwanderer vergeben. Dort müssen sie mittlerweile im Schnitt acht Monate bleiben. Wie die Senatssozialverwaltung gestern mitteilte, kamen im Oktober 1.634 Aussiedler und Zuwanderer in die Stadt.
„Damit“, so der Senat gestern, „wird der durchschnittliche Zugang von bisher zirka 1.550 Personen pro Monat im Jahr 1988 erneut übertroffen“. Bis zum 31.Oktober seien nun in diesem Jahr 15.654 Aussiedler und Zuwanderer aufgenommen worden, gegenüber 9.068 im gesamten Jahr 1987. Bis zum Ende des Jahres erwartet der Senat, wie berichtet, etwa 20.000 Menschen in West-Berlin.
hmt
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