: „Ich weine der BASF keine Träne nach“
Wolf-Michael Catenhusen (SPD), Vorsitzender der Bundestags-Enquete-Kommission Gentechnik ■ INTERVIEW
taz: Die BASF will ihr neues gentechnologisches Forschungszentrum in den USA und nicht in der Bundesrepublik bauen. Diese Entscheidung wurde mit der großen Akzeptanz für Gen-Tec in den USA begründet und mit den angeblich unzumutbaren Vorschriften bei uns.
Catenhusen: Es stimmt, daß es in den USA keine vergleichbare Diskussion über die Gentechnik gibt. Aber hinter der BASF -Entscheidung stecken andere Gründe. Die BASF sucht den Weg in die USA, um sich dort auf das bei kleinen Firmen konzentrierte know-how in Patenten und in der Fertigung anzulehnen.
Gleichzeitig wird mit einer ganz anderen Begründung versucht, politisch Druck zu machen.
Sicher. Man will die politischen Instanzen unter Druck setzen, um in der Bundesrepublik Sicherheitsvorschriften für die Gentechnik zum Billigtarif durchzusetzen. Mit dieser politischen Pression wiederholt die BASF die Fehler von anderen Chemie-Unternehmen, die mit dieser Art von Druck in der Umweltpolitik bisher aber keinen Erfolg hatten.
Immerhin zeigt diese Politik Wirkung: Ihr Kollege Schmidbauer von der CDU forderte als Reaktion den Abbau von „bürokratischen Behinderungen“ und eine Verkürzung der Genehmigungsverfahren für gentechnische Anlagen.
Das ganze ist insofern Unsinn, weil es bisher noch überhaupt keine Erfahrungen mit Genehmigungsverfahren gibt. Da kann auch niemand von bürokratischen oder langfristigen Verfahren reden. Seit 1. September diesen Jahres haben wir überhaupt erst die Vorschrift eines Genehmigungsverfahrens mit Öffentlichkeitsbeteiligung. Das ist also alles Theaterdonner.
Auch Sie sind nach der BASF-Entscheidung in das große Orchester des Bedauerns eingeschwenkt. Wieviele Tränen muß man eigentlich der BASF nachweinen?
Es gibt auch für kritische Geister in der Gentechnik -Diskussion keinen Anlaß stolz darauf zu sein, daß Forschung in wichtigen Bereichen - dazu gehört auch die Krebsforschung - in die USA verlagert wird. Aber ich weine der BASF politisch keine Träne nach. Mit ihrer Entscheidung für die USA zeigt sich eine Schwäche dieser Firma. BASF hat immer noch nicht verstanden, daß das beschlossene Genehmigungsverfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung ein fairer Kompromiß ist. Es nützt auch der Industrie, weil es die Garantie bietet, daß die Einsprüche der Bürger in einem kalkulierbaren Zeitraum stattfinden.
Es gibt inzwischen mehrere Verlagerungen gentechnischer Aktivitäten ins Ausland.
Das Problem ist der Markt für diese gentechnischen Produkte. Der ist so klein, daß der zweite oder dritte Anbieter für ein Arzneimittel schon zu spät dran ist. Hier entscheiden wenige Wochen und Monate. Dieser ungeheure ökonomische Druck wegen der schlechten Marktlage ist der eigentliche Motor für die Verlagerung an Standorte, wo man sich ein schnelles Verfahren erhofft.
Interview: Manfred Kriener
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