Sterne ins Land der aufgehenden Sonne

■ Gewaltiger Boom deutscher Luxusschlitten in Japan / Teurer Yen macht's möglich / Erhebliche Gewinne bei Umweghandel über USA wegen billigem Dollar

Tokio (dpa) - Die bundesdeutschen Hersteller von Luxuswagen, die auf dem US-Markt wegen des schwachen Dollar-Kurses allesamt erhebliche Erlös-Probleme haben, erleben in Japan einen ausgesprochenen Boom: In den ersten zehn Monaten dieses Jahres setzte Mercedes mit 18.491 Wagen 121 Prozent mehr als in der entsprechenden Vorjahreszeit ab, BMW steigerte den Absatz um 118,4 Prozent auf 20.985 Wagen, und Porsche verkaufte mit 1.958 Sportwagen 153,3 Prozent mehr als im Vorjahr in Nippon.

In einem Land, in dem die Höchstgeschwindigkeit auf Autobahnen meist bei 100 und oft sogar noch darunter liegt, spielt die Leistungsfähigkeit der teuren Importwagen kaum eine Rolle. Um so mehr geht es um das Prestige, und jene vielen Japaner, die in den letzten Jahren durch Grundstücks oder Börsengeschäfte reich geworden sind, zeigen das mit Vorliebe, indem sie sich mit einem deutschen Auto im dichten Verkehr bewegen. Die Wagen aus der Bundesrepublik hatten in den ersten zehn Monaten dieses Jahres einen Anteil an den Gesamtimporten von 68,8 Prozent und schlugen damit alle Konkurrenten weit ab.

Klaus Örtel, der 1986 die Mercedes-Benz Japan Co. gründete und seitdem die Marktstrategie in die Hand genommen hat, erwartet für dieses Jahr bereits einen Umsatz von mehr als 1,2 Milliarden Mark. Die Daimler-Tochter, die mit drei Leuten angefangen hatte, beschäftigt inzwischen fast 200 darunter viele international erfahrene Manager, die von den japanischen Konkurrenten kamen. „Der Name Mercedes lockt“, sagt Örtel als Begründung dafür, daß er es leichter als die meisten anderen Chefs ausländischer Unternehmen hatte, hochqualifizierte Japaner anzuwerben. Die starke Bindung an den angestammten Arbeitgeber ist normalerweise ein wachstumshemmender Faktor für ausländische Firmen, die in Japan Geschäfte machen wollen und händeringend Personal suchen.

Inzwischen haben „graue“ Händler, die Daimler-Limousinen an der Mercedes-Benz Japan vorbei importieren, einen beträchtlichen Marktanteil erobert: Im Oktober gingen 55,8 Prozent der Wagen in den Klassen über zwei Liter Hubraum über diesen Weg. Die Händler kaufen die Wagen in der Bundesrepublik und in anderen europäischen Ländern, inzwischen aber auch schon in den USA, wo die deutschen Hersteller wegen des schwachen Dollar-Kurses mit knappen Preisen kalkulieren müssen. Ein Spitzenmodell der 560er -Reihe, das beim offiziellen Mercedes-Importeur Yanase deutlich über 200.000 Mark kostet, ist auf dem grauen Markt oft 30.000 Mark billiger zu haben. Nach Örtels Schätzungen werden die Parallel-Importeure in diesem Jahr mit Mercedes -Wagen einen Umsatz von 400 Millionen bis 500 Millionen Mark erzielen. Insgesamt werden 1988 voraussichtlich 21.500 neue Mercedes in Japan zugelassen - dreimal so viel wie noch vor vier Jahren.

Die Entwicklung des Wechselkurses zwischen D-Mark und Yen, die vor allem von den Dollar-Bewegungen abhängt, hat dazu geführt, daß die Daimler-Benz AG im Augenblick beträchtliche außerordentliche Gewinne (windfall-profits) im Japan -Geschäft macht. Für die grauen Händler bietet der starke Yen die Chance auf hohe Gewinne und möglicherweise auf einen noch höheren Marktanteil. Inzwischen bieten einige den Kunden schon Teilzahlungs- und Leasingverträge an. Probleme könnte es allenfalls mit Wartung und Garantie geben - „aber da ist es jedenfalls ein gutes Zeichen, daß die Käufer der Mercedes-Qualität offensichtlich blind vertrauen“, sagt Örtel.