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Wenn ChefInnen auspacken...

■ Was die taz-Eintags-ChefInnen über uns denken und von uns halten, wollte Carola Krause genau wissen / Die Gefragten sagten richtig wie Geburtstags-GratulantInnen so viel Nettes, daß wir glücklich und gestärkt ins dritte Jahr gehen

Vor allem ganz unten haben unsere Eintags-ChefInnen ihre entscheidenden Einsichten gewonnen, da wo sich das Wattenmeer unseres inzwischen fast berühmten, hoffnungslos zerschlissenen Teppichbodens wellt und in fransige Stücke teilt: „Bei dem grau sigen Teppich hatte ich sofort das Gefühl, ich müßte was spenden“, bekannte Karin Stieringer, CDU-Abgeordnete, am Montag abend ins Mikrofon von Carola Krause. Die saß diesmal nicht in ihrer Eigenschaft als schlagfertige Buten & Binnen -Moderatorin auf dem Podium im Bremer Presseclub, sondern hatte sich bereit erklärt und bestens vorbereitet, taz -intern den Eintags-ChefInnen auf Zähne und Herzen zu fühlen.

Die Idee war: Wie die kleine Bremer Lokalredaktion am Dobben auf unvoreingenommene oder auch felsenfest voreinge

nommene Fremde, also Gäste, wirkt - das könnten doch die einmal vom Stapel lassen, die in den letzten Wochen als „ChefIn“ mit uns zusammengearbeitet haben - bis an den Rand unserer Selbstverleugnung, wie wir in den Einladungen so ehrlich wie scheinheilig geschrieben hatten.

Wir sind arm, scheinen aber deutlich glücklich. Wurden noch viel glücklicher ob all der wahren Freundlichkeiten, die die Gäste nun über uns ausgossen. Hucky Heck, in vergangenen Zeiten Kollektivmitglied im selbstverwalteten Fahrradladen und heute Viertel-Bürgermeister im Ortsamt Mitte, gab zu Protokoll: „Ich hab mich da wohlgefühlt, ich kenn die ja alle! Da war sofort 'ne Basis da. Die Ämterstruktur läßt sowas ja leider nicht zu ...“ Carola Krause: „Na, das war ja ausgesprochen staatstragend!“

Das Gewerkschafter-Herz des HBV-Vorsitzenden, Angestelltenkammer-Präsidenten und Gewoba -BetriebsratsvorsitzendenBernhard Baumeister hatte unter den taz-Produktionsverhältnissen mit und für uns gelitten: „Mit welchem Engagement die Leute die Zeitung machen und was unter'm Strich dabei in Mark und Pfennig rauskommt - ich wünsche, daß die auch mal was zu verteilen haben untereinander!“ (Wir auch!) Und nicht funktionärshaft dröge, sondern entwaffnend warmherzig fügte er hinzu: „Für mich war der Tag in der taz einer der faszinierendsten.“

„Tobt in der taz-Redaktion der Geschlechlechterkampf?“ wollte Carola Krause wissen. Wir hätten das auch gern gewußt. Merkwürdigerweise gab es zu dieser schönen Frage keine rechten Antworten, die Gäste scheinen an diesem Punkt weniger hellsichtig als wir. Immerhin hatte Elke Steinhöfel, frühere Sozialamts-Chefin, jetzt SPD-Abgeordnete, doch deutliche Autoritätsstrukturen wahrgenommen, als ihr ein männliches Redaktionsmitglied kurz vor Redaktionsschluß deutlich vermindert konziliant - klar machte, das irgendwas so nicht ginge. Verteidigung aus den hinteren Reihen: „Das war ich nicht. Das war der andere Klaus!“

Ein Tag sei für richtige Beobachtung zu kurz, fand die Schauspielerin Hille Darjes von der Shakespeare Company. Ihr Eindruck vom taz-Alltag war eher: „Ich kenne den Beruf des Reporters ja hauptsächlich aus dem Kino und war enttäuscht, wie wenig passiert, wie wenig aufregend das ist und wie viel harte Arbeit...“

„Mir ging das genau umgekehrt“, unterbrach Bürgerschaftsabgeordnete Barbara Noack, „ich wünsch mir mehr Ruhe

und Nachdenklichkeit bei den Artikeln!“ Klarzustellen war noch mal, daß die Chefinnen Noack & Noack nicht schuld waren an ihrer tippfehlerübersäten Ausgabe, höchstens indirekt: „Unser Selbstverständnis-Interview hat die Produktion ziemlich durcheinandergewirbelt!“

Thomas Franke, künftiger taz-Eintags-Chef (24.11.) und nebenbei immer noch BiWiKu-Senator, von Carola Krause kenntnisreich als „Schauspieler mit hohem Unterhaltungswert“ vorgestellt, mischte sich nicht nur zu diesem Thema ein: „Ich war bei denen zur Vorbesprechung - die sind ganz zärtlich miteinander umgegangen!“

Schreibt die taz hemmungslos subjektiv? Elke Steinhöfel, die den Vergleich zum Informations-und Unterhaltungswert von Parlaments-Reden hat, fänd‘ das so

gar eher gut: Aber, wandte sie ein, auch „Produktionsdruck, dieses blitzartige Zustandekommen von Artikeln“ sei kein Grund, Polemiken gegen „gewisse“ Senats-KanditatInnen zusammenzutragen, denen dann die „substantielle Aussage“ fehle!

Frage von Carola Krause an Thomas Franke: „Sie haben ja in der taz noch alles vor sich - werden Sie als angeschlagener Bildungssenator mal so richtig zurückschlagen?“ Der Angesprochene setzte zum ersten und einzigen Mal an diesem Abend sein imponierend staatstragendes Gesicht auf, holte Luft für Grundsätzliches und begann also: „Die Zahlenentwicklung in den bremischen Gymnasien...“ - „Oh nein,“ wehrte die muntere Carola Krause entschieden den bekannten Klängen, die Hörenden lachten erleichtert, und noch einmal

sprach die wonnevolle Lenkerin des talk-Wagens, „Wollen Sie zurückschlagen, wenn Sie dran sind?“ Franke: „Nein. Die taz soll ein jungfräulich-frisches Organ bleiben.“ „Jungfräulichkeit ist nicht mein Thema,“ das war nun wieder Hille Darjes‘ untrüglich gerümpfte Sprachnase auf Senators linker Seite.

Was sollen wir besser machen? Bürgerschaftsabgeordnete Barbara Noack: „Aus der genialen taz-Idee mit dem großen „I“ bitte nicht AbgeordnetInnen oder MitgliederInnen machen...“

Hille Darjes: „Mehr auf die Sprache achten.“ Thomas Franke, obwohl als „Wortbruchsenator“ zu den Geprügelten sich zählend, geizte mit pädagogischen Besserungs-Empfehlungen: Auf die komme die Bremer taz durchaus selber.

Susanne Paas / Uta Stolle

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