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Warum sich aufregen?

■ Betr.: "Jenninger vom Faschismus fasziniert", Kommentar: "Deutschland, Deutschland", taz vom 11.11.88

betr.: „Jenninger vom Faschismus fasziniert“, Kommentar: „Deutschland, Deutschland“, taz vom 11.11.88

Jenninger spricht in den „verdächtigen“ Passagen eindeutig aus dem Mund der Deutschen im Nationalsozialismus. Warum regen sich so viele, auch ihr, darüber auf, daß sich zur Abwechslung mal jemand in die Situation der Deutschen statt immer in die der Juden hineinversetzt? Im Nachhinein und als Unbeteiligter ist es so leicht, zu verurteilen; nach Jenninger: sich „moralische Überheblichkeit“ anzumaßen. Nebenbei ist zu bedenken, ob nicht gerade das Sich-in-den -Schuldigen-hineinversetzen helfen kann, künftige Fehler zu vermeiden, Ansätze zu Einseitigkeit und zu jeglicher Radikalisierung in sich selbst zu erkennen und eigene ideologische Illusionen zu zerschlagen.

Anscheinend ist hier ein Tabu der Linken berührt worden, und Jenninger hat recht: In Deutschland darf wohl nicht alles offen ausgesprochen werden. Die taz-Schlagzeile auf Seite 1 offenbahrt eine regelrechte Skandalgeilheit: Endlich gibt uns mal wieder jemand Anlaß, Unterstellungen zu machen! Aus „Faszinosum“ wird die Schlagzeile „Jenniger vom Faschismus fasziniert“ gemacht. Die Behauptung, „Jenninger versucht, NS-Politik zu rechtfertigen“, widerlegt sich von selbst in Anbetracht des Satzes: „Wer Schuld aufrechnen will, wer behauptet, es sei doch alles nicht so - oder nicht ganz so - schlimm gewesen, der macht schon den Versuch zu verteidigen, wo es nichts zu verteidigen gibt.“ Aber sicher: wer unbedingt etwas finden will, das er verreißen kann, der findet auch was. (...)

Caroline, Bonn 1

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