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Sicherheitsfront im Rechtsausschuß

Expertenanhörung in Bonn zu Gesetzen zur „inneren Sicherheit“ / West-Berliner Polizeichefs fordern noch härtere Regelungen / Generalbundesanwalt Rebmann will höheres Strafmaß für „Vermummung“  ■  Aus Bonn Charlotte Wiedemann

Die geplanten Repressions-Gesetze zur „Inneren Sicherheit“ sind den West-Berliner Polizeichefs noch zu lasch. Bei der gestrigen Experten-Anhörung im Rechtsausschuß des Bundestags taten sich Polizeipräsident Georg Schertz und Landespolizeidirektor Kittlaus als Scharfmacher hervor. Schertz reicht es nicht aus, Demonstranten erst bei Verdacht auf wiederholten schweren Landfriedensbruch in Vorbeugehaft zu nehmen. Er will die Leute schon einsperren, wenn sie bereits einmal des einfachen Landfriedensbruch verdächtigt waren, worunter bereits Gewalt gegen Sachen fallen kann. Offenkundig stecken Schertz noch die Proteste gegen die IWF -Tagung in den Knochen: Gegen die „Kleingruppentaktik“, etwa „nach Besuch einer Szenekneipe verabredet“, will er einen neuen Strafparagraphen der „gefährlichen Zusammenrottung“ schaffen. Sein Kollege Kittlaus möchte die polizeilichen Vorkontrollen bei Demonstrationen als „unverzichtbares Mittel zur Verhütung von Gewalt“ im Versammlungsrecht festschreiben lassen. Denn diese Demonstrationen würden in einer Stadt wie Berlin nicht „das Erscheinungsbild des Inneren Friedens“ bestimmen.

Für weiter gefaßte Vorbeuge-Haftgründe plädierte bei der Anhörung ebenfalls der Frankfurter Polizeipräsident Dr.Gemmer. Generalbundesanwalt Rebmann erfüllte gestern die in ihn gesetzten Erwartungen, in dem er das Strafmaß für Vermummung noch heraufsetzen will. Im Gesetzentwurf wird Vermummung als Straftat mit bis zu einem Jahr Knast geahndet. Rebmann ist das zu wenig, schließlich handele es sich um ein „Einstiegsdelikt in den Terrorismus“ und die Ent -Mummung diene „der Feststellung terroristischer Strukturen unter den Gewalttätern“. Daß die geplante Kronzeugenregelung gegen rechtsstaatliche Prinzipien verstößt, wie auch gestern die Kritiker hervorhoben, kümmert Rebmann nicht, denn: „Durchbrechung des Legalitätsprinzips aus öffentlichem Interesse ist dem deutschen Strafrecht nicht fremd.“

Obwohl eine Vielzahl von Experten bei dieser Anhörung wie bereits im Vorfeld Einwände gegen die Berechtigung oder die Praktikabilität der neuen Sicherheitsgesetze erhebt, dürfte sich an dem Gesetzvorhaben wenig ändern. Als „wackelig“ gilt allenfalls der vorgesehene Zensurparagraph 130b (Befürwortung von Straftaten). Er wird einerseits selbst vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels als „unerträglich“ kritisiert; auf der anderen Seite bemängeln Scharfmacher wie Rebmann, daß in der bisher vorliegenden Fassung des Paragraphen demjenigen, der die inkriminierte Schrift verbreitet, ein „subjektiver Willen zur Befürwortung der Straftat“ nachgewiesen werden muß. Dies würde „praktisch die Anwendung der Vorschrift beseitigen“, meint Rebmann.

Daß sich die Scharfmacher gestern so überraschend stark in Szene setzten, könnte einen auf der politischen Bühne wohlbekannten Effekt haben: Die skandalösen Gesetzesentwürfe erscheinen nun als gemäßigter „Kompromiß“, allem Protest aus demokratischer und liberaler Sicht zum Trotz. Die Anhörung dauerte bei Redaktionsschluß noch an.

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